Ulis Culinaria

Strasbourg

Die Exekutive der Europäischen Union, vor allem die Europäische Kommission, ist in Brüssel angesiedelt.

Straßburg – so die deutsche Schreibweise – beherbergt mit dem Europarat und dem Europäischen Parlament die beiden Institutionen der europäischen Legislative sowie, mit dem Europäischen Gerichtshof, das höchste Organ der EU-Rechtsprechung.  Deshalb nennt sich Straßburg Hauptstadt Europas.

Hauptstadt Europas

In der gesamten Stadt und im Umland findet man Restaurants, in denen man die besondere Kulinarik des Elsass erkunden kann.

Der Tourismus konzentriert sich allerdings auf das mittelalterliche Zentrum um das Liebfrauenmünster und besonders im malerischen, von Kanälen und Fachwerkhäusern geprägten Viertel Petite France.

La Petite France

Schon Jahrhunderte vor den ersten Schritten zu einer europäischen Einigung war das Elsass/l’Alsace geprägt von ständigen Wechseln der Herrschaftsverhältnisse. Dies ist bis heute in der Küche seiner Hauptstadt spürbar. Die kulinarische Verwandtschaft mit der Pfalz im Norden und Baden auf der anderen Rheinseite zeigt sich beispielsweise in der gemeinsamen üppigen Verwendung von Sauerkraut, französisch choucroute. Nicht umsonst gilt das Gericht choucroute garnie mit Fleisch, Speck und Knack de Strasbourg, einer Rindsbrühwurst, als das elsässische Mahl schlechthin (→Krautergersheim).

Choucroute garnie

Knack de Strasbourg

Auf deutscher Seite hat es seine Entsprechung in der Schlachtplatte, bei der Fleisch und Würste direkt aus dem Sudkessel der Wurstküche auf den Tisch kommen (→Schweinfurt) und sich ebenfalls zum Sauerkraut gesellen. Schon seit 1962 unterhält die elsässische Hauptstadt eine jumelage (Städtepartnerschaft) mit ihrer baden-württembergischen Kollegin →Stuttgart. Unweit von dort wächst das Filderkraut, eine besondere Varietät des Brassica oleracea, die man ebenfalls zu Sauerkraut verarbeitet.

Die o.g. Knackwurst übrigens kommt optisch wie geschmacklich daher wie die etwas größere Schwester des →Frankfurter/Wiener Würstchens.

Eine besonders zu Geflügel gereichte Beilage ist die Strasbourgeoise, gedämpftes Sauerkraut mit Speck und Stopfleber. Letztere, die foie gras, die speziell gemästeten Gänsen oder Enten entnommen wird, kommt aus Geflügelhaltungen in ganz Frankreich. Aber neben der Auvergne oder dem Périgord ist auch das Alsace bekannt für hervorragende Qualität dieses von Feinschmeckern begehrten Produktes.

la Strasbourgeoise

Gavage - Kulinarik vs. Tierwohl ?

Seit 1999 ist die umstrittene gavage, das Stopfen von Gänsen und Enten mit Maisbrei (95% Mais, 5% Fett) zur Vergrößerung ihrer Leber, in den EU-Mitgliedsstaaten verboten. Tierschutz-Organisationen kritisieren, dass den Vögeln mit der Zwangsernährung körperliches Leid angetan würde. Die Produzenten dagegen weisen darauf hin, dass dies allenfalls in Massenhaltung vorkommen könne. Bei schonender Anwendung stelle die rund dreiwöchige Gavage vor der Schlachtung der ansonsten in artgerechter Haltung aufgewachsenen Enten und Gänse keinerlei Einschränkung des Tierwohls dar.

foie gras entier - ganze Fettleber

Frankreich hat diese Mastmethode jedoch kurzerhand zum nationalen und gastronomischen Kulturerbe erhoben und somit eine Fortsetzung der Praxis als Ausnahmefall erwirkt. In ein paar anderen EU-Ländern wird das Verbot schlicht ignoriert, was auch dadurch begünstigt wird, dass zwar die Produktion von Foie gras verboten ist, nicht jedoch der Handel mit der Spezialität.

Für das französische Argument, die Lebermast sei ein Kulturerbe, gibt es etliche historische Belege aus der ägyptischen sowie der griechisch-römischen Antike. Mehr als 4.000 Jahre alte Abbildungen zeigen die Gänsemast. Plinius erwähnt sie in seiner Naturalis Historia, und Apicius empfiehlt (auch für Schweine), speziell das Mästen mit Feigen ergäbe eine besonders wohlschmeckende Leber. Und dass Frankreich, das antike Gallien, in dieser antiken Historie verankert ist, liegt auf der Hand.

Der Fütterung mit Feigen verdankt die Leber übrigens ihre Bezeichnung in romanischen Sprachen. Aus dem lateinischen ficus für die Feige und ficatus für mit Feigen gefüttert wurde im Italienischen fegato, im Spanischen higado und im Französischen foie als Bezeichnung für das kulinarisch wertvolle Organ.

ägyptisches Wandbild

Eher der klassischen französischen Küchentradition entstammt das Suprême de perdreau Vieux Strasbourg. Zarte Rebhuhnbrüstchen werden sanft sautiert und mit Gänsestopfleber und Trüffelspänen auf gerösteter brioche angerichtet.

Unter suprême, wörtlich vortrefflich, das Beste, verstehen französische Geflügelmetzger einen Zuschnitt vor allem von kleineren Vögeln wie der Taube (pigeonneau), der Wachtel (caille) oder dem Rebhuhn (perdreau), bei dem das feine Brustfilet mit dem oberen Teil des Schenkels verbunden bleibt und als Ganzes zubereitet wird.

Suprême de perdreau Vieux Strasbourg

Vor allem auf süddeutschen Speisekarten findet sich der Straßburger (Wurst-)Salat, dessen Grundzuzaten aus streifig geschnittener Fleischwurst (→Saarbrücken), Schnittkäse und Zwiebelringen bestehen, angemacht mit einer senfgewürzten Vinaigrette und Fleischbrühe. Wer es gerne sauer mag, schneidet noch ein paar Essiggurken dazu. Auf vielen Speisekarten wird er als Schweizer Salat angeboten, da der Käse meist aus dem Emmental oder dem Greyerzerland (Gruyère) kommt. Hier macht sich die elsässisch-schweizerische Nachbarschaft bemekbar. Im Alsace selbst findet man allerdings weder Schweizer noch Straßburger Salat. Hier heißt die Fleischwurst cervelas (→Lyon), weshalb auch das Gericht einfach salade de cervelas genannt wird.

Straßburger Wurstsalat

Winstub

Auf jeden Fall gehört der Wurstsalat zum normalen Repertoire einer winstub. Diese oft sehr alten, meist urig-rustikal eingerichteten Restaurants, wie man sie im historischen Altstadt-Viertel La Petite France findet, haben ihr deutsches Gegenstück in den pfälzischen und badischen Weinstuben. Die hier angebotenen einfachen Speisen sind eher Begleiter der regionalen Weine als umgekehrt. Die elsässischen Winzer haben mit ihren pfälzischen Kollegen die Liebe zur Weißweinrebe Riesling gemeinsam. Die hier wie dort daraus gekelterten Tröpfchen gehören zur Weltspitze.

Brasserie

Bezüglich des Getränkes stellt die brasserie die Alternative zur Winstub dar. Hier spielt anstelle des Weines die im Elsass ebenfalls verwurzelte Bierbraukunst die Hauptrolle. Die vor allem in Strasbourg angesiedelten Brauereien (frz. brasseries) unterhielten in der Regel eigene Restaurants, in denen natürlich das eigene Bier ausgeschenkt wurde. Im Lauf der Zeit hat sich die Brasserie zur eigenen gastronomischen Gattung entwickelt. Im deutschsprachigen Raum kennt man sie als Braustube, Bräu oder, wohl das weltweit bekannteste Beispiel in München, als Hofbräuhaus.