Ulis Culinaria

Faenza

Die Ernährungsgewohnheiten des Menschen hingen seit jeher im Wesentlichen davon ab, was aus Flora und Fauna als essbar erkannt wurde sowie von den nach und nach entwickelten Verfahren, diese Geschenke der Natur zu bearbeiten, zu konservieren und miteinander zu kombinieren.

Eine ganz wichtige Rolle spielten hierbei die Hilfsmittel, die zur Verfügung standen. Als erstes ist sicher das Feuer zu nennen, das ermöglichte, roh nicht Genießbares zu einer Speise werden zu lassen.

Fayence

gebrannte Tischkultur

Ebenfalls war es die Beherrschung des Feuers, die dazu führte, dass vor Tausenden von Jahren wahrscheinlich als Zufallsprodukt erste Gefäße aus gebrannter Erde entstanden, die Archetypen all dessen, was wir heute als Geschirr bezeichnen. Solche noch unglasierte Produkte hatten den Nachteil, nicht wasserdicht zu sein und waren deshalb für die Erhitzung und Aufbewahrung von Flüssigkeiten nur eingeschränkt geeignet. Erst mit der Erfindung von Glasuren konnte dieser Mangel behoben werden.

Als erste waren es wohl Chinesen, die die Technik beherrschten, Gegenstände aus gebrannter Erde (terra cotta) mit einer weißen, deckenden Zinnglasur zu versehen. In einem dritten Brand kamen später farbige Glasuren hinzu, die ein vielfältiges Dekorieren der Gefäße ermöglichten.

Da in Europa u.a. die norditalienische Stadt Faenza (Emilia-Romagna) zu einem Zentrum dieser Keramikproduktion wurde, hat sich die französische Übersetzung des Ortsnamens Faïence in Form von Fayence als Sammelbegriff eingebürgert. In Faenza selbst wird allerdings nach wie vor der vom altitalienischen Namen der Insel Mallorca abgeleitete Begriff maiolica (dt. Majolika) verwendet. Oder man spricht von der ceramica faentina. Den quasi aus dem Französischen rückübertragenen Begriff  faïence hört man eher bei der archäologischen Einordnung frühgeschichtlicher Keramik-Funde.

ceramica faentina

Die Herstellung von irdenen Gefäßen in Faenza geht bis ins 1.Jh.v.Chr. zurück und wurde wohl durch den Fluss Lamone begünstigt, der auf seinem Weg von der Toscana zum Adriatischen Meer bei Faenza geeignete Lehm-Ablagerungen hinterlassen hat. Ihre Blüte hatte sie in der Zeit des rinascimento im 15./16.Jh. Von dieser Epoche zeugen nicht nur die Exponate im Museo Internazionale delle Ceramiche in Faenza, sondern zahlreiche architektonische und bildnerische Schmuckelemente im Stadtbild. Aber die bis heute bedeutsameren Weiterentwicklungen findet man u.a. in →Delft und, mit der Neuerfindung des chinesischen Porzellans, in →Meißen. In der deutschen Fachsprache zählt man Fayencen wie Majoliken zum Steinzeug.

In Faenza findet alljährlich am letzten Juni-Wochenende ein Wettstreit statt, der mit dem palio in →Siena einiges gemein hat.

Beim Palio del Niballo kämpfen Reiter aus den fünf historischen, nach der Farbe der Kostüme unterschiedenen Stadtteilen (rioni) in einem mittelalterlich anmutenden Turnier um den Sieg. Es geht darum, vom Rücken des Pferdes aus im vollen Galopp mit der Lanze eine bierdeckelgroße Scheibe zu treffen, die eine hölzerne Figur, der Niballo, in der Hand hält. Hierbei handelt es sich um den sprachlich verniedlichten Hannibal, der auf seinem Feldzug von den Alpen her durch das antike römische Reich auch Faenza belagert hatte.

Il Niballo (Foto: R.Reggi/wikipedia)

Schon bei den Siegprämien geht es kulinarisch zu. Während der siegreiche rione eine Ehrenfahne bekommt, erhält der Zweite ein →porchetta (Spanferkel), der Drittplatzierte immerhin noch einen Hahn und einen Knoblauchzopf. Wie in Siena sind die Reiterspiele der Auftakt für ein in allen Straßen stattfindendes Volksfest, bei dem die Bürgerinnen und Bürger der Stadt mit ihren Gästen in festlicher Renaissance-Gewandung an reich gedeckten Tischen Platz nehmen.

Übrigens: Im französischen Provence-Département Var liegt, etwa 20km westlich von →Grasse, ein kleiner Ort namens Fayence, der allerdings mit der nach Faenza benannten Keramik-Kunst nichts zu tun hat. Der Stadtname geht wohl auf das lateinische faventia zurück, womit eine günstige, siedlungsfreundliche Lage gemeint ist.