Ulis Culinaria

Ariccia

Ariccia ist eine von 16 Gemeinden der Castelli Romani südlich von Rom. Hierzu zählen z.B. die berühmte päpstliche Sommerresidenz Castel Gandolfo und das in diesem Buch seines Brotes wegen erwähnte →Genzano di Roma. Der Name dieser Gegend hat seinen Ursprung in der Antike, als wohlhabende Bürger aus dem Zentrum des römischen Weltreichs in dieser hügeligen, angenehm kühlen Region der Colli Albani mit den zahlreichen Kraterseen Villen bauten, in die sie vor städtischer Hektik und Hitze fliehen konnten. Manchem Römer diente seine ländliche Burg (castello) auch als Zufluchtsort, nachdem er politisch in Ungnade gefallen war.

Porchetta di Ariccia

Spanferkel auf italienisch

Ebenfalls antike Wurzeln hat die Tradition der fraschette. Diese Gasthäuser lebten von den zahlreichen Reisenden, die auf dem Weg von oder nach Rom das Lazio passierten. Um ihnen anzuzeigen, dass es hier etwas zu Essen gibt und vor allem, dass der neue Wein bereits ausgeschenkt wird, befestigte man über der Eingangstür einen frischen, grünen Zweig, auf italienisch eine frasca. Dieser für Italien einzigartige gastronomische Brauch hat mit den Buschenschänken in →Wien oder mit den süddeutschen Straußwirtschaften durchaus internationale Geschwister.

Seit den Zeiten der alten Römer gehört die Porchetta di Ariccia zum kulinarischen Erbe von Ariccia. Damals sollen Priester regelmäßig ein gebratenes junges Schwein als Opfergabe auf den nahegelegenen Vulkanberg Monte Cavo getragen haben, um die dort ansässigen Götter und Göttinnen zu besänftigen, damit sie doch bitte von Strafaktionen mit Feuer- und Ascheregen absehen mögen. Den Göttern muss das Schweinchen-Opfer wohl gefallen haben: Der letzte Ausbruch liegt tatsächlich schon mindestens 10.000 Jahre zurück!

Später wurde der knusprige Ferkel-Braten zum Standardangebot der Fraschette. Ein höchstens einjähriges, weibliches Schweinchen wird entbeint, ausgenommen und vor allem von innen mit frischem Rosmarin, Knoblauch und viel schwarzem Pfeffer gewürzt. Das Fleisch weiblicher Ferkel gilt als magerer und zarter als das von männlichen. Italienisch porchetta (oder auch porcellino/porcellana, →Meißen) bezeichnet ein junges porco (Schwein), das, wie ein deutsches Spanferkel (→Bad Kreuznach), im Ganzen als Ofenbraten zubereitet wird. 

Durch das vorherige Entbeinen nimmt das Ferkel eher die Form eines dicken Rollbratens an, der durch Bratenschnur zusammengehalten wird. Nach stundenlangem Aufenthalt in der Hitze wird das zarte, hellrosafarbene Fleisch von einer kräftig goldbraunen knackigen Kruste umhüllt, die unbedingt zum Genuss dazugehört. 

Früher hat man für die porchette die großen, holzbefeuerten Brotbacköfen genutzt, wie sie als Gemeinschaftseinrichtung in jedem Dorf standen.

In fast jeder Familie des Ortes gibt es einen porchettaro, der die Kunst der Zubereitung des italienischen Spanferkels über Generationen von seinen Vorfahren geerbt hat, jeder natürlich mit besonderen, streng geheimen Rezeptvarianten.

Als besonders knifflig wird das Entbeinen gewertet, da hiervon die Saftigkeit des späteren Bratens und die Aufnahme der Gewürzaromen abhängen. Vor allem muss die Haut, bis auf den Bauchschnitt, unverletzt bleiben. Manchmal werden auch Innereien wie die Leber oder die Milz im Ferkelbauch mitgegart, was zusätzlich Geschmack verleiht.

Die Künste der verschiedenen porchettari können bei der seit 1950 jährlich stattfindenden Sagra della Porchetta di Ariccia verglichen werden: Als lauwarmer Aufschnitt auf dem Vorspeisenteller, noch einmal mit etwas gutem Olivenöl in der Pfanne geschwenkt oder in anderer phantasievoller Weise.

Sehr abwechslungsreich belegt sind auch die panini (Brötchen), die man bequem beim Bummel über das Fest im historischen Zentrum von Ariccia aus der Hand verspeisen kann und auf denen das zu feinen Scheibchen geschnittene Ferkelfleisch mit unterschiedlichsten Zutaten und würzigen Saucen kombiniert wird. Schon die Auslage einer paninoteca, meist ein mobiler Verkaufsstand, macht Appetit.

Seit 2011 ist der Name des Gerichtes eine →IGP. Der Namensschutz ist eng auf die Stadt Ariccia begrenzt. Als Aufschnitt und in Folie vakuumverpackt bekommt man das Porchetta auch im Lebensmittelhandel.

Paninoteca