Die Bewohner der südnormannischen Gemeinde im Département Orne zeichnen sich in zweierlei Weise als Liebhaber von tripes aus.
Zum einen wird hier ein Kuttelgericht zubereitet, das dem aus →Caen rund 70km weiter nördlich im Wesentlichen gleicht: Auch für die
Plat de Tripes à la mode de Longny
werden Teile der Wiederkäuermägen vom Rind nach sorgfältiger Säuberung in mundgerechte Stücke geschnitten und in Brühe, Weißwein und cidre mit Karotten und Lauch in der tripière, einem irdenen flachen Topf, stundenlang der Hitze des Ofens überlassen. Wie im benachbarten →La Ferté Macé, wo die tripes zu paquets gerollt werden, und wie in Caen verleiht auch in Longny une larmichette de Calvados, ein Tröpfchen (wörtl. Tränchen) des normannischen Apfelbrandes, dem Gericht den besonderen Pfiff.
Aber im Unterschied zu Caen, wo man nur geringfügige Abweichungen vom tradierten Rezept duldet, lässt man den Metzgereien und Gastronomen in Longny etwas mehr kreativen Freiraum. So bietet beispielsweise der waldreiche Naturpark des Perche, des Landstrichs um den Ort, reichlich Pilze, die den Kutteltopf aus Longny gegenüber seinen Kollegen geschmacklich abheben können. Oder man fügt weitere Gemüse wie Sellerie oder anderes hinzu. Nur der typische Kuttelgeschmack sollte nicht völlig übertönt werden.
Häufig ist der Anteil der Kalbsfüße in Longny etwas höher als in Caen. Deren Collagen lässt den Kutteleintopf beim Erkalten zu einer schnittfesten Sülze erstarren. In vielen Metzgereien werden die Tripes de Longny nach Kundenwunsch von einem solchen gestürzten Sülzeberg abgeschnitten und brauchen zuhause nur noch aufgewärmt zu werden, wobei sich der gelierte Sud wieder verflüssigt. In den boucheries und charcuteries und selbst in manchem Supermarkt der Region bekommt man das aufwändige Gericht in wirklich guter Qualität auch fertig im Glas. Das erspart einem das langwierige Vorbereiten der Kutteln und die 10 bis 14 Stunden Garzeit.
Um die Tradition dieses Gerichtes vor der verbreiteten Geringschätzung als vermeintlich minderwertigem Lebensmittel zu bewahren (→Troyes), haben sich Liebhaberinnen und Liebhaber schon 1970 zu einer Interessensvertretung für die plat de tripes zusammengeschlossen.
Als Confrérie des Fins Gourmets de Longny-au-Perche veranstalten die feinen Feinschmecker alljährlich am 1.Mai die Foire aux Tripes de Longny. 2018 fand die 50. Ausgabe dieser Mischung aus Markt und Fest statt.
Kochwettbewerb, Folklore mit Musik und Tanz, Kutteltopf an Ständen und in den Restaurants und vieles mehr machen den Besuchern das traditionelle Mahl im wahrsten Sinne des Wortes schmackhaft. Die Veranstaltung knüpft an die Tradition eines früheren Viehmarktes an, der Longny seit jeher überregionale Bedeutung verliehen hat. Und guter Brauch war, den abgeschlossenen Handel beim gemeinsamen Genuss einer Portion geschmorter Kutteln, serviert mit Salzkartoffeln und einem guten Krug cidre, dem leicht perlenden normannischen Apfelwein, zu feiern.