Ulis Culinaria

Frankfurt am Main

Bereits im 12.Jh. fand Frankfurt in einer Urkunde Erwähnung als Messestadt. Damals wohl noch von eher regionaler Bedeutung, entwickelte sich der Handelsplatz am Main ab dem 14. Jh. zu einem wirtschaftlich für ganz Europa bedeutenden Umschlagplatz. Messe, Banken, Börse und nicht zuletzt der viertgrößte Flughafen Europas machen bis heute die wirtschaftlich internationale Stellung der Rhein-Main-Metropole aus.

Globaler Handel und lokale Küche

Um dem damit verbundenen Zustrom von weitangereisten Messebesuchern gerecht zu werden, musste sich in der Stadt eine angemessene Gastronomie entwickeln. Dabei hat sich neben sternegekrönten Hotels und Restaurants mit internationaler Speisekarte auch alteingesessene Frankfurter Küchentradition erhalten.

Das Frankfurter Würstchen

Eine kleine, feine Spezialität ist das Frankfurter Würstchen: In Saitling gehülltes reines Schweinebrät, leicht geräuchert und heiß meist paarweise mit Senf und Brötchen oder Kartoffelsalat gegessen. Oder auch als Einlage z.B. in der Frankfurter Bohnensuppe beliebt. Ihr typisches Aroma sowie die goldbraune Oberfläche entstehen, wenn am Ende der knapp einstündigen Räucherung die Buchenholzglut mit feuchten Spänen abgedeckt wird und ein aromatisches Rauch-Dampf-Gemisch die Würstchen einhüllt. Auf der Weltausstellung von 1900 in Paris repräsentierte die Saucisse de Francfort die Stadt kulinarisch.

Ein nach →Wien ausgewanderter Frankfurter Metzger nahm das Rezept, das schon im Mittelalter entstanden sein soll, mit an die Donau, wo das Würstchen zum Wienerle wurde. 

Aber schon seit 1860 ist die Bezeichnung Frankfurter (Würstchen) geografisch geschützt, und 1929 wurde nochmals gerichtlich bestätigt, dass zumindest in Deutschland der Name nur dann verwendet werden darf, wenn das Würstchen aus Frankfurt und dem direkten Umland stammt.

Im niederbayrischen Passau nennt man ein ähnliches, zusätzlich mit grobem Rindfleisch hergestelltes Würstchen Thurner-Würstl, benannt nach einem Metzger namens Ignaz Thurner, der es dort erstmals angeboten haben soll.

Die Frankfurter Rindswurst

Die Frankfurter Rindswurst entsteht zu 100% aus Rindfleisch. Das fein gecutterte, kräftig gewürzte Brät wird in Rinderdarm gefüllt und zu kurzen, dicken, je 120g schweren Würstchen abgebunden. Beim Zubeißen knackt ihre Rinderpelle hörbar, was sie als Knackwurst kennzeichnet. Wie ihr zuvor beschriebenes Schweinefleisch-Schwesterchen wird die Rindswurst als Suppeneinlage, mit Senf und Kartoffelsalat oder im aufgeschnittenen Brötchen verspeist, sie dient aber auch häufig, in mundgerechte Stückchen geschnitten, zur Zubereitung des Fast-Food-Snacks Currywurst (→Berlin). In Frankfurt gab es seit jeher einen starken jüdischen Bevölkerungsanteil, bei dem die reine Rindswurst bis heute als koscheres Lebensmittel sehr beliebt ist.

Die Frankfurter Grüne Sauce

Borretsch (Boraga offinalis)
Kerbel (Anthriscus)
Gartenkresse (Lepidium sativum)
Petersilie (Petroselinum crispum)
Pimpinelle (Sanguisorba minor)
Sauerampfer (Rumex acetosa)
Schnittlauch (Allium schoenoprasum)

Borretsch, Kerbel, Kresse, Petersilie, Pimpinelle, Sauerampfer und Schnittlauch:

Diese, und nach strenger Tradition nur diese sieben Kräuter gehören in die Frankforder Grie Soß. Für die cremige Sauce werden die feingehackten Blätter mit etwas →Mayonnaise, gehacktem Ei, Essig und Gewürzen in dickem Schmand verrührt. Traditionell werden hierzu Pellkartoffeln und wachsweich gekochte oder als verloren →pochierte Eier serviert. Auch als Begleiter von kalten Fleisch- und Fischgerichten wird die Frankfurter Grüne Soße geschätzt.

Die als fertige Zusammenstellung auf Frankfurter Wochenmärkten erhältlichen sieben Kräuter wurden ursprünglich vor allem im Stadtteil Oberrad angebaut, wo man ihnen 2007 sogar ein Denkmal in Form von sieben stilisierten Treibhäuschen errichtet hat.

Frankfurter Gebabbel

Im hessischen Dialekt heißt belangloses bis dummes Gerede Gebabbel. Beim in Frankfurt beliebten Äppelwoi (Apfelwein), im Volksmund auch Stöffche oder Babbelwasser genannt, wird gerne ausgiebig gebabbelt. Und dazu verspeist man genauso gerne ein

Frankforder Gebabbel

nämlich gepökelte Rippchen mit Sauerkraut.

Pökelrippchen und anderes durch Salzlake haltbar gemachtes Schweinefleisch werden sprachlich meist mit einer anderen hessischen Stadt, mit Kassel in Verbindung gebracht. Näheres hierzu →Cassel.

Die Konditorengilde steuert zum Lokalkolorit den

Frankfurter Kranz

bei, eine Biskuittorte, in mehreren Schichten mit Buttercreme und roter Konfitüre aufgebaut. Die Oberfläche wird dicht mit knusprigen Nusskrokantsplittern abgestreut. Meist wird die zu schneidende Anzahl der Tortenstücke durch eine Dekoration aus Sahnetupfern und Cocktailkirschen markiert.

Wird die Butter für die Creme ersetzt durch Margarine oder andere pflanzliche Fette, gilt dies, gerichtlich bestätigt, als minderwertig und muss entsprechend gekennzeichnet werden. 

Frankfurter Kranz

Die Torte hat längst den internationalen Durchbruch geschafft. Da die Kranzform mit den roten Kirschzacken etwas an eine Krone erinnert, nennen Franzosen sie Couronne de Francfort, im Englischen heißt sie Frankfurt Crown.

Frankfurter Bethmännchen

Ebenfalls aus der süßen Ecke kommen die Frankfurter Bethmännchen. Die nach der Frankfurter Bankiersfamilie →Bethmann benannte Leckerei besteht aus fein gemahlenen Mandeln und Puderzucker. Der Marzipan-Teig wird mit Rosenwasser aromatisiert und zu kleinen Halbkugeln geformt. Diese werden mit aufgedrückten halben Mandeln verziert, mit Eigelb eingepinselt und gebacken, bis die Oberfläche eine goldbraune Farbe erhält. Früher soll die Dekoration aus vier halben Mandeln bestanden haben, die der französische Patissier J.J.Gautenier 1838 in Diensten der Familie Bethmann zu Ehren der vier Söhne auf das Marzipan setzte. Nach dem frühen Tod eines der Jungen wurden nur noch drei Mandelhälften genommen. Früher hauptsächlich für die Weihnachtszeit gebacken, bieten Frankfurter Bäcker und Konditoren die Bethmännchen heute ganzjährig an.

Frankfurter Brenten

Aus der gleichen marzipanähnlichen Masse werden die Frankfurter Brenten hergestellt.

Die Namensverwandtschaft mit den →Aachener Printen ergibt sich daraus, dass auch ihre Oberfläche durch das Pressen (printen) des Teiges in hölzerne Modeln unterschiedliche Bildmotive erhält. Der Lyriker Eduard Mörike hat Mitte des 19.Jhs. in einem Gedicht unter dem Titel Frankfurter Brenten das Rezept detailliert in Reimform gegossen und schließt mit der Empfehlung:

 

Zuletzt

– das wird der Sache frommen –

Den Bäcker scharf in Pflicht genommen,

Daß sie schön gelb vom Ofen kommen!

Im 19.Jh. erschien ein Kochbuch für

Die wohlunterrichtete Frankfurter Köchin

mit dem Untertitel

Handbuch für Frauenzimmer welches die ganze Kochkunst enthält für Tafel, Fasten- und bürgerliche Speisen, alle Arten Backwerk, Einmachen und Aufbewahren der Früchte, Sommer- und Winter-Getränke, Geleen, Cremes …nebst einer Anleitung zur Transchirkunst.

Ein Vorläufer der heute üblichen Einbauküchen, aufgebaut in einem modularen System, ist die

Frankfurter Küche.