Ulis Culinaria

Campotosto

Das 500-Seelen-Dörfchen in den mittelitalienischen Abruzzen, 10km nördlich von →L’Aquila, ist für die

Mortadella di Campotosto

bekannt geworden.

Die Wurst wird hier seit rund 500 Jahren hergestellt, ist allerdings heute rar geworden. Dennoch, oder vielleicht deshalb, hat das italienische Landwirtschafts-Ministerium die salume in die Liste der →PAT aufgenommen. Einen weiteren Anreiz zur Bewahrung der lokalen Spezialität hat →Slow Food durch die Aufnahme in die arca del gusto geschaffen.

Mortadella di Campotosto

Das Innere der Mortadella ist zwar recht feinkörnig, aber ansonsten hat sie mit der berühmteren Namensschwester aus →Bologna, abgesehen von der Etymologie, nicht viel gemein. Schweine, die in den Bergen um Campotosto weiden, liefern den Rohstoff. Das Brät aus überwiegend magerem Schweinefleisch wird mit Salz, Pfeffer und Weißwein gewürzt, die typische Note kommt durch einen Aufguss von garofano (Gewürznelke) und cannella (Zimt) hinzu. Vor dem Abfüllen reift die Masse zwei Tage lang in Kästen aus Akazienholz, das seine eigenen Aromen beisteuert. Die zweiwöchige Kalträucherung über Eichen- oder Buchenholzglut verleiht zusätzlich Geschmack und Haltbarkeit. Während der rund drei Monate Reifung an der frischen Bergluft der Monti della Laga auf über 1.400m Höhe setzt die Mortadella eine weiße Schicht von Edelschimmel an, der sich auf natürlichem Weg durch den stetigen Wind verbreitet.

Das hierzu nötige Mikroklima ist bedingt durch die Lage am Bergsee Lago di Campotosto und am Fuß des mächtigen Abruzzenmassivs Gran Sasso mit dem Monte di Mezzo, der sich direkt hinter dem Dorf auf 2.155m erhebt.

Eine Besonderheit wird beim Anschnitt sichtbar: Das Brät wird nicht einfach in geschlossenen Darm abgefüllt, sondern flach ausgebreitet und mit einem rechteckigen, dicken Speckstrang belegt. Das Ganze wird aufgerollt, in aufgeschnittenen Naturdarm vernäht und kreuzweise verschnürt, sodass kurze, birnenförmige Würste entstehen. Zum Aufhängen beim Räuchern und Reifen werden sie paarweise zusammengebunden. Wegen dieser Form ist im Volksmund die Bezeichnung coglioni di mulo üblich, zu deutsch Maultierhoden. Beim Aufschneiden kommt der eingerollte Speck als weißes Viereck in der Mitte der dunkelroten Wurstscheibchen zum Vorschein.