Ulis Culinaria

Timoleague

Die Ansicht des kleinen Dorfes im County Cork an der Südküste Irlands wird dominiert von der beeindruckenden Ruine der Timoleague Abbey, eines Franziskanerklosters aus dem 13.Jh., das um 1642 von englischen Truppen, samt dem Ort selbst, niedergebrannt wurde.

Timoleague Brown Pudding

Ein für die irische Metzgereikunst typisches Produkt, das wahrscheinlich auch die Ordensbrüder schon genossen, ist der brown pudding. Diese Blutwurst zählt zu den auf den britischen Inseln beliebten black puddings. Die etymolgische Verwandschaft zum französischen boudin noir liegt auf der Hand (→Rethel, Stornoway). Der pudding ist ein Produkt der früher für den Eigenbedarf in jeder Familie (und natürlich jedem Kloster) durchgeführten Hausschlachtungen, bei denen das Schwein komplett, also möglichst ohne Abfälle verarbeitet wurde. Auch das Blut wird nicht entsorgt, sondern kommt mit in den Wurstdarm, was den Inhalt black bzw. brown färbt.

In Timoleague wird am Abend vor der Wurstherstellung Getreidemehl (in der Regel oat, Hafer) in frisches Schweineblut eingerührt. Die beim Zerlegen des geschlachteten Schweines anfallenden Fleischabschnitte werden mit viel Zwiebeln, Gewürzen und Kräutern zerkleinert und mit der Getreide-Blut-Mischung vermengt. Die Masse wird in Rinderdarm abgefüllt, die bis zu 1kg schweren Würste biegen sich beim viertelstündigen Kochen zu Ringen. Zum Verzehr werden sie meist nochmals erhitzt, aber auch kalt in Scheiben geschnitten und als Vorspeise serviert. Das über Nacht im Blut aufgequollene Hafermehl sorgt nicht nur für eine glatte, feste Konsistenz, sondern auch für einen besonderen Geschmack.

Mitte des 20.Jhs. eröffnete in Timoleague eine Metzgerei, in der seitdem Timoleague brown pudding professionell hergestellt wird. Die Tradition der Hausschlachtung war praktisch verschwunden, der Wunsch nach der irischen Blutwurst aber nach wie vor lebendig. Im Jahr 2000 erteilte die EU dem Produkt den Namensschutz als →PGI. Die aktuellen Inhaber der ehemaligen Dorfmetzgerei, inzwischen ein industriell arbeitender Großbetrieb und faktisch der einzige kommerzielle Anbieter, haben allerdings 2012 offiziell auf das EU-Herkunftssiegel verzichtet, da sie die Kriterien als nicht sehr förderliche Einschränkung empfanden (but it wasn’t of huge benefit…).

Zu den Bedingungen gehört unter anderem, dass Blut und Fleisch von Schweinen aus einem Umkreis von maximal 6 miles (knapp 10km) um Timoleague stammen, die anderen Zutaten wie das Getreidemehl oder der Rinderdarm aus einem größeren, aber auf Südirland begrenzten Bereich. Nach wie vor ist der Timoleague brown pudding in den entsprechenden EU-Verzeichnissen als einziges irisches Fleischerzeugnis mit dem Siegel einer PGI aufgeführt – wenn man es auch auf keiner Verpackung findet. In dicke Scheiben geschnitten und mit Tomatenhälften und Spiegeleiern in der Pfanne gebraten stellt der Pudding aber auch so eine äußerst nahrhafte Speise dar.