Ulis Culinaria

Habana

Habanero ist ein Sprössling aus der Familie der Solanaceae (Nachtschattengewächse) und dort der Gattung Capsicum, deren Schoten-Früchte unter den Bezeichnungen Paprika, Peperoni oder Chili in der Küche verwendet werden. Die meisten der als Gemüse- oder Gewürzpflanze genutzten Sorten dieser Gattung zählen zur Art Capsicum annuum (→Anaheim, Espelette u.a.). Die botanische Zuordnung der unzähligen Varietäten ist immer noch umstritten. Inzwischen werden mehrheitlich Sorten, bei denen die Früchte an den Zweigen hängen, zur annuum-Gruppe gezählt, während man Spezies, deren meist längliche, spitze Schoten aufrecht stehen, als Capsicum frutescens bezeichnet.

der Habanero

Scharfmacher der Extraklasse

Der habanero wiederum gehört zur Gruppe Capsicum chinense, deren Ursprung man in Ostasien vermutet. Seine Schote kommt hübsch lampionförmig daher, kleidet sich rot, orange oder gelb, und er ist eines der schärfsten, weil Capsaicin-reichsten Früchtchen unter seinesgleichen.

Besonders im Süden der USA ist die für ihre feurige Würzung bekannte karibische Küche sehr beliebt. Und trotz der politischen Differenzen zum sozialistischen Inselstaat Kuba hat man dessen Hauptstadt zum Namenspatron für das scharfe Gewächs gewählt. Für die in die USA ausgewanderten Kubaner mag die Bezeichnung als Reminiszenz an ihre alte Heimat gelten.

Achtung, scharf !

Die sensorische Wahrnehmung der Schärfe geschieht übrigens nicht über die Papillae gustatoriae, die Geschmackspapillen, sondern als Hitzeempfindung über die Schmerzrezeptoren in Mund- und Rachenraum. Das gilt für Capsaicin genauso wie für Piperin, das Alkaloid von Piper nigrum, Echtem Pfeffer (→Thalassery).

Die englischsprachige Bezeichnung hot für chili- bzw. pfefferbetonte Lebensmittel oder Zubereitungen ist also durchaus sachlich korrekt. Deshalb zählt man scharf auch nicht zu den gustatorischen Grundwahrnehmungen bitter, salzig, sauer, süß und umami.

Messerscharf gemessen

Der Gehalt an Capsaicin, dem das Schärfegefühl erzeugenden Alkaloid in den Pflanzen der Gattung Capsicum, wird in Scoville-Einheiten (SHU für Scoville Heat Units) oder in Scoville-Grad (SCU für Scoville Units) gemessen. Benannt ist diese Maßeinheit nach dem amerikanischen Pharmakologen Wilbur Lincoln →Scoville, der 1912 das Verfahren entwickelte, Essenzen verschiedener Chilifrüchte nach und nach zu verdünnen, bis die Schärfe sensorisch nicht mehr wahrnehmbar ist. Bei 1ml reinen Capsaicins werden hierfür 16.000l Wasser benötigt, es hat also nach W.Scoville den obersten Grenzwert von 16.000.000 SHU. Das relativ ungenaue, weil subjektive sensorische Messverfahren mit Testpersonen wurde inzwischen durch objektivere chromatografische Methoden ersetzt.

Die roten, gelben oder grünen Schoten des Gemüsepaprikas beginnen mit rund 10 SHU, also 1ml ihres Fruchtsafts werden schon mit 10ml oder gar ohne Wasser nicht mehr als scharf empfunden. Die sog. Peperoni, die man von der Pizza oder aus einem mediterranen Salat kennt, bringen bis etwa 1.000 Grad auf den Teller. Nimmt man den aus Sorten von Capsicum annuum hergestellten →Cayenne-Pfeffer zur Hand, würzt man schon mit annähernd 50.000 Scoville. Mit bis zu 400.000 SHU befindet sich der habanero unter allen kulinarisch noch interessanten Chilisorten in der absoluten Spitzengruppe. Eine Weiterzüchtung des Habanero, Red Savina, erreichte gar Werte von mehr als 570.000 SHU. Als bisheriger Schärfe-Rekordhalter galt die Carolina Reaper mit knapp 1,6 Mio. SHU. Nun wurde Anfang 2017 die Züchtung des walisischen Gärtners Mike Smith bekanntgegeben, der für einen Wettbewerb um die schönste Chilischote die wirklich hübsche, aber mit 2,48 Mio. SHU an Schärfe alles bisherige übertreffende Dragon’s Breath präsentierte. Solche Extreme sind natürlich kulinarisch nicht mehr von Wert (und bei Missbrauch u.U. gar lebensbedrohlich!), aber immerhin gibt es diverse Versuche zu medizinischer Nutzung. Der heiße Atem des Drachen eben. Den Namen dachte sich Smith aus, da ein roter Drache das Wappentier von Wales ist.

Dessen Feuer lässt sich jedoch nicht mit Wasser löschen, da es das Capsaicin lediglich im Mund- und Rachenraum verteilt und dadurch die gefühlte Hitze eher noch steigert. Hilfreich ist alleine Fett, wie es z.B. in Milch oder Joghurt enthalten ist, oder ein alkoholisches Getränk. Capsaicin ist fett- und alkohollöslich und wird nur so verdünnt und ausgespült. Inzwischen wird der Rekord der Dragon’s Breath in der Fachwelt als Internet-Gag angezweifelt. Noch höhere Scoville-Grade hat man bei Chilisaucen erzielt, indem man das aus den Schoten extrahierte Capsaicin stark konzentriert hat. Aber auch hier ist der Rekord zum Selbstzweck bzw. zur Mutprobe mutiert, einen kulinarischen Wert hat so etwas nicht mehr.