Seit der altrömische Kaiser Vespasian im ersten nachchristlichen Jahrhundert und seine Nachfolger die bei Aquae sprudelnden heißen Quellen zu luxuriösen Thermen ausbauen ließen, haben unzählige gekrönte und ungekrönte Persönlichkeiten ihr Heil in der landschaftlich und klimatisch angenehmen Region gesucht. Während die einen Kurgäste ihr Glück z.B. im Casino herausforderten, waren viele andere in den westlich gelegenen Rheinauen oder im südöstlich angrenzenden Schwarzwald unterwegs, um ihr Jagdglück zu versuchen.
Auf den Speisekarten der Kurhotels waren dementsprechend feine Wildgerichte stets gut vertreten.
Rehrücken Baden-Baden
Der kulinarisch ambitonierte Geheimagent Thomas Lieven bereitet in dem Roman Es muss nicht immer Kaviar sein von Johannes Mario Simmel (1971) für seine etwas zwielichtigen Gäste einen Rehrücken Baden-Baden zu.
Das sanft im Ofen gebratene edle Wildfleisch belässt er dabei am Knochen, was immer empfehlenswert ist, da es gleichmäßigeres Garen und weniger Flüssigkeitsverlust bedeutet. Allerdings spickt er den Rehrücken mit Speckstreifen, was weniger ratsam ist. Denn die Stiche der Spicknadel durch das Fleisch fördern gerade den unerwünschten Austritt von Fleischsaft. Stattdessen belegt man, um die Fettarmut des Rehfleisches auszugleichen, den Rücken nur äußerlich mit Speckscheiben. Hierzu bietet sich in Baden-Baden natürlich der köstliche durchwachsene und würzige Schwarzwälder Schinken an.
Simmel lässt seinen Helden zum Rehrücken eine Garnitur aus erhitzten Weintrauben, Ananas und Kirschenkompott servieren. In Baden-Baden hingegen füllt man meistens pochierte und zimtgewürzte Birnenhälften mit Preiselbeermarmelade oder →Johannisbeergelee. Sowohl im Roman als auch in der traditionellen badischen Küche wird der Bratenfond mit saurer Sahne und Butter zu einer feinen Sauce montiert. Typisch badisch sind die Spätzle als Beilage, natürlich handgeschabt. Und im Frühsommer gibt es zum edlen Fleisch gerne edles Gemüse: frischen Spargel aus dem nicht allzu weit entfernten →Schwetzingen.