Die drittgrößte Stadt Spaniens, Hauptstadt der gleichnamigen Provinz im Osten der iberischen Halbinsel, gilt als wahre Heimat der paella. Die Küstenregion wird seit der Antike huerta de Valencia (im regionalen Dialekt horta de València) genannt. Huerta bezeichnet fruchtbares Land (huerto = Garten). Günstiges Klima und ausreichend Wasser lassen hier Gemüse und Früchte aller Arten hervorragend gedeihen.
Zu diesem Landstrich gehören auch die Reisfelder in der als Parc Natural de l’Albufera de València geschützten Lagunenlandschaft südlich der Stadt.
Die aus Indien stammende Körnerpflanze Oryza sativa (span. arroz) kam ab 711 mit der Eroberung Iberiens durch die Araber, die Albufera bot sich wegen des Wasserreichtums als neue Heimat an.
Die hier am meisten angebaute Sorte gehört zur Gruppe des Rundkornreis und wird arroz bomba genannt. Dessen Körner saugen beim Kochen extrem viel Wasser auf und verdreifachen dabei ihr Volumen, gehen also auseinander wie eine Bombe, was ihren Namen begründet. Zusammen mit den Sorten Bahia und Sénia ist er unter der →DOP Arroz de Valencia seit 2001 namentlich geschützt.
Das →Consejo Regulador de la Denominación de Origen Arroz de Valencia wacht nicht nur über die mit dem Namensschutz verknüpften Anbaubedingungen, sondern hat auch festgelegt, was neben dem Reis für eine originale Paella valenciana in die paellara gehört:
Garrafones oder, im Dialekt garrofón (Phaseolus lunatus, weiße dicke Bohnen), bajoqueta (Phaseolus vulgaris, grüne Bohnen, auch judia verde genannt), pollo (Hähnchen), conejo (Kaninchen), Tomaten, Olivenöl, Wasser oder Brühe und Salz. Azafràn färbt die gesamte Reispfanne leuchtend gelb-orange. Auch der →Safran zog mit den Arabern in die spanische Küche ein. Das immer noch teuerste Gewürz der Welt wird (auch in Valencia!) schon mal durch colorante ersetzt, ein zwar auch stark färbendes, aber geschmackloses Pulver aus den gelben Blüten der Ringelblume.
Mit der Flüssigkeit, die der arroz bomba aufsaugt, nimmt er natürlich auch alle Geschmacksstoffe in sich auf, bleibt aber trotzdem bissfest und zerfällt nicht, weshalb gerade er so gerne für die Paella valenciana genommen wird. Leichte Abwandlungen, bei denen z.B. das Hähnchen durch pato (Ente) ersetzt wird, kleine alcachofas (Artischocken) dazukommen, zusätzlich mit ajo (Knoblauch), romero (Rosmarin) oder pimentón (Paprikapulver) gewürzt wird oder caracoles (Weinbergschnecken) den Fleischanteil erhöhen, sind nach den gestrengen Regeln des consejo gerade noch zulässig.
Zunächst wird das Fleisch in Olivenöl angebraten, dann kommen nach und nach die Bohnen und Tomaten dazu, am Schluss der Reis. Die Flüssigkeit, mit der nun aufgegossen wird, muss so bemessen sein, dass sie vom Reis völlig aufgenommen wurde, wenn dieser den richtigen Garpunkt erreicht hat. Dies erfordert gewisse Erfahrung, denn ab jetzt hat der Kochlöffel Feierabend. Umrühren oder Nachgießen gelten als Kochfehler genauso, wie wenn am Ende eher eine Suppe als ein knackig-körniges Reisgericht entsteht. Die paellera, die große flache Eisenpfanne mit zwei Bügelgriffen, wird traditionell über Holzfeuer erhitzt, heute sieht man auch schon mal Gasbrenner. Haushaltsübliche elektrische Kochfelder scheiden schon wegen des Durchmessers der Pfanne aus, der bei Festen weit über einen Meter gehen kann.
Es gibt zwar inzwischen auch kleinere paelleras, sogar mit Antihaftbeschichtung, für den Hausgebrauch, das ist aber für den Liebhaber einer echten Paella wie Grillen in der Bratpfanne für einen Barbecue-Freund. Ein metallenes dreibeiniges Gestell, auf dem die Paellera über dem Feuer ruht (keine Holzkohle, sondern am besten würziges, harzreiches Pinienholz!), gehört in Valencia zum Hausrat wie anderswo der Grill und kommt wie dieser meist in fröhlicher Familien- oder Freundesrunde zum Einsatz. Wer das Holz nicht auf dem Boden entfachen kann, verwendet eine Feuerschale, die auch auf Terrasse oder Balkon keine Brandschäden hinterlässt.
Neben dieser Urform, aber nicht als valenciana akzeptiert man allenfalls noch eine Paella marinera/marisco mit Meeresfrüchten und/oder Fisch, oder eine vegetarische paella de verduras mit Gemüse. In anderen Regionen Spaniens entwickelte Abwandlungen des Rezeptes gelten valencianischen Puristen als Fälschungen, die man verächtlich paella turista nennt.
Deshalb lehnt man hier auch die Titulierung der Paella als spanisches Nationalgericht ab. Man besteht darauf, dass sie eine Spezialität der Region um Valencia ist, die man im übrigen Spanien lediglich zu kopieren versuche – natürlich ohne an das Original heranzureichen. Wieder andere Küchenhistoriker sehen den Ursprung in einem ähnlichen Gericht aus der algerischen Hafenstadt Oran, die etwa von 1500 bis 1700 unter spanischer Herrschaft stand.
In ihrer langen Kolonialgeschichte haben die Spanier natürlich etliche Küchengewohnheiten auch auf anderen Kontinenten hinterlassen. Ein u.a. in Lateinamerika und auf den Philippinen beliebtes Reisgericht ist der im Ofen oder in der Pfanne zubereitete Arroz valenciana, ein Reiseintopf mit verschiedenem Fleisch und Gemüse. Oft kommt hierzu pikante chorizo, die iberische Paprikawurst, die ebenfalls als spanisches Erbe in ehemaligen überseeischen Besitztümern weiterbesteht.
Der valencianische Reis wird in der Hafenstadt natürlich auch in vielfältiger Weise mit Fisch und Meeresfrüchten serviert. Ein typisches Fischergericht ist arroz a banda. Hier werden die empfindlichen Fische getrennt (a banda) vom Reis gegart und beides erst vor dem Essen miteinander vereint.
Wenn man hierbei calamar, Tintenfisch verwendet und dessen tinta unter den Reis rührt, färbt sich dieser schwarz-violett und wird als arroz negro verspeist.
Eher suppenartig kommt arroz caldoso daher (caldo bedeutet Gemüse- oder Fleischbrühe). Hier vereint sich der Reis mit verschiedensten Fleisch- und Wurstbeigaben sowie dem Gemüse aus der huerta wie z.B. acelgas (Mangold), nabos (kleine Rüben) oder alubias (Sammelbegriff für alle möglichen Bohnen). Derartige Reissuppen bzw. -eintöpfe entstehen traditionell in der olla de barro, einem bauchigen Gefäß aus Ton (barro). Der kugelige Topf wird auf der anafre erhitzt, einem zylinderförmigen, gelochten Tonuntersatz, in dem Holzkohle glüht. Diese Form einer mobilen Kochstelle ist in verschiedenen afrikanischen Nomadenkulturen bis heute verbreitet.
Unter dem Namen Naranja Valencia wird in der Huerta de Valencia eine Orangensorte angebaut, die sich wegen ihres leicht bitteren Geschmacks gut zum Kandieren von Orangeat eignet. Die spätreife Varietät wird international als Valencia late gehandelt und meist, mit süßeren Orangen gemischt, zu Saft verarbeitet.
In allen Cafés der Stadt bekommt man mit der horchata de chufa ein ganz besonderes Erfrischungsgetränk angeboten. Unter horchata versteht man in Spanien verschiedene limonadenartige Erfrischungsgetränke. Dieses hier wird aus den erbsengroßen Wurzelknollen der Erdmandel (bot. Cyperus esculentus, span. chufa) hergestellt, die zur Gattung der Zyperngräser gehört. Das Gewächs ist ein Mitbringsel der Araber aus dem 8.Jh. und steht seit 1999 als Chufa de Valencia unter →DOP-Schutz.
Die ölige Milch aus den Wurzelknollen schmeckt nach Mandeln, was den deutschen Namen erklärt. Die horchata bekommt man entweder flüssig (liquida) oder als Sorbet (granizada) dargeboten und soll nebenbei ein bewährtes Mittel gegen den Kater nach übermäßigem Genuss von vino tinto oder von cerveza sein. Im Deutschen kennt man die Erdmandeln auch als Tigernüsse (engl. tiger nuts), es kann sich also durchaus auch mal um einen sehr ausgewachsenen Kater handeln …