Ulis Culinaria

Agen

Pruneaux d'Agen

Die Möglichkeit, Pflaumen durch Trocknung zu konservieren, war schon in der Antike bekannt. Das, was in nördlicheren Breiten in der Wärme des Ofens passiert und daher im Deutschen zum Begriff Backpflaume geführt hat, wird in südlicheren Gefilden der Kraft der Sonne anvertraut.

Bereits kluge Köpfe der Antike wie Hippokrates oder Herodot erkannten und priesen die gesundheitsfördernde Wirkung der getrockneten Früchte. Die Römer begannen im Südosten Galliens, der historischen Region Quercy, den Anbau von Pflaumenbäumen, die aus dem Osten des römischen Reiches importiert wurden. Bereits im Mittelalter entwickelte sich von dort ausgehend ein reger Handel mit den Pflaumen, frz. prunes, die als sonnengetrocknetes Produkt die Vergrößerungsform pruneaux erhalten.

Die Trockenpflaumen waren als haltbarer und nahrhafter Reiseproviant auch bei den Seeleuten geschätzt, die während ihrer langen Fahrten auf viele andere nährstoffreiche Kost wie frisches Obst und Gemüse verzichten mussten. Da sich schon früh der Hafen von Agen, beidseits der Garonne in der Region Nouvelle-Aquitaine gelegen, als Umschlagplatz für die kostbaren Früchte etablierte, bürgerte sich die Bezeichnung Pruneaux d’Agen ein. Die heute für diese Trockenpflaumen vorgeschriebene Sorte von Prunus domestica ist die prune d’ente. Der Name geht auf den französischen Begriff enter für das gärtnerische Aufpfropfen zur Veredelung von Pflanzen zurück. In Anerkennung der jahrhundertealten Tradition verlieh die EU den Pruneaux d’Agen 2002 den Schutz des →IGP-Siegels. Dieser bezieht sich auf das Département Lot-et-Garonne (2/3 der Produktion) sowie auf Gebiete in 5 benachbarten Départements.

In der Küche finden die gesunden und wohlschmeckenden Trockenpflaumen in vielfältigster Weise Verwendung: Von der Vorspeise (z.B. mit Frischkäse gefüllt) über den Hauptgang (u.a. als Beilage zu Fleischgerichten) bis zum Dessert (ob in Kuchen mitgebacken oder in Rum getränkt und mit Schokolade überzogen …). In Leipzig ließ man sich durch das dunkle Aussehen zur Herstellung von gebackenen →Räbchen inspirieren.

Bei der langen Tradition der Pruneaux d’Agen erscheint es durchaus realistisch, dass schon

Asterix und Obelix

sie bei ihrer Tour de Gaule aus Aginum mitgebracht haben. 

prunelles

Während die Trockenpflaumen mit  der Vergrößerungsform von prune für die Pflaume bezeichnet werden, meinen Franzosen mit dem Diminutiv prunelle die Schlehe (Prunus spinosa). Diese kleinen,  dunkel pflaumenvioletten Früchtchen werden vor allem für Konfitüren gebraucht oder als Rohstoff für diverse Liköre und Brände. Wegen ihres leicht bitteren Geschmacks und des adstringierenden Mundgefühls gelangen sie nie als frische Früchte in den Verzehr.