Die erstmals von →La Varenne im 17.Jh. schriftlich notierte →sauce béchamel auf Grundlage eines roux blond (helle Mehlschwitze) ist bis heute eine der wichtigsten Grundsaucen der klassischen Küche, die sich auf vielfältige Weise abwandeln lässt. Gerne wird sie zum Gratinieren verwendet, da die enthaltene Butter in Verbindung mit dem Mehl eine schöne goldbraune Decke bildet. Noch knuspriger und schmackhafter gelingt das Gratin, wenn einer recht dickflüssigen Béchamelsauce zuvor geriebener Käse und ein paar Eigelbe zugegeben wurden. Diese Version wird seit dem frühen 19.Jh. als Sauce Mornay bezeichnet.
Zum Reiben eignen sich vor allem Hartkäse-Sorten wie der Cantal aus dem Massif Central oder Comté, Gruyère und andere aus den französischen und schweizerischen Alpenregionen. Auch italienische Kollegen wie →Pecorino oder →Parmigiano sowie mancher deutsche Bergkäse können zu einer guten Mornay-Sauce beitragen. Der Käse wird bereits auf dem Herd untergerührt, damit er sich gut mit der Béchamel verbindet.
Die Eigelbe dagegen werden, um ein Stocken zu vermeiden, erst in die nicht mehr kochend heiße Sauce gegeben. Will man eine besonders voluminöse Gratinhaube, kann man kurz vor dem Überbacken noch etwas steif geschlagenes Eiweiß unterheben, was einen fast souffléartigen Effekt bewirkt.
Besonders häufig kommt die Sauce Mornay bei zartem Gemüse wie Spinat, Mangold oder Blumenkohl zur Anwendung. Aber auch zum Nappieren bzw. Gratinieren von verschiedenen Fleisch- und Fischgerichten ist sie hervorragend geeignet, wobei man die Gewürze natürlich entsprechend anpassen kann. Klassisch ist die Muskatnuss, typische Geschmacksnote einer Béchamel.
Zur Namensgebung der Sauce gibt es keine eindeutige Erklärung. Manchmal wird Philippe Duplessis-Mornay genannt, ein einflussreicher Theologe und Staatsmann des 16./17.Jahrhunderts. Von ihm wird allerdings kein besonderer Bezug zu Kulinarischem berichtet, und zu seinen Lebzeiten gab es noch keine Sauce Béchamel, geschweige denn die Sauce Mornay.
Gelegentlich ist zu lesen, das Rezept sei erstmals 1820 unter dem Namen Mornay in der 10. Auflage eines Werkes von André Viard veröffentlicht worden, das als wichtige Grundlage der professionellen Kochausbildung im 19.Jh galt. Es erschien 1806 unter dem Titel Le cuisinier impérial, der später, in Anpassung an die wechselnden politischen Verhältnisse, über insgesamt 37 Auflagen zu Le cuisinier royal und schließlich zu Le cuisinier national abgeändert wurde. In dem Buch werden zwar die verschiedensten Béchamel-Varianten beschrieben, auch mit geriebenem Käse, eine Benennung nach Mornay sucht man aber vergebens.
In der Gastronomie ist die Sauce Mornay wohl erstmals zu Beginn des 19.Jhs. auf der Karte des Le Grand Véfour erschienen. Dieses 1820 von Jean Véfour gegründete Restaurant im Park des Pariser Palais Royal existiert noch heute und ist mit zwei Sternen von →Michelin dekoriert. Seinerzeit gehörte zu den gerne gesehenen Gästen auch ein Nachfahre des oben genannten Philippe Duplessis-Mornay, nämlich Charles Léonce de Mornay. Er und sein Bruder fielen selbst in der eh schon noblen Gesellschaft, die sich gerne in der gehobenen Gastronomie traf, wegen ihrer außerordentlich eleganten Erscheinung auf.
Charles Léonce war beim Militär ein steiler Aufstieg gelungen, schon mit 21 Jahren wird er nach einer Verwundung für seinen Heldenmut zum Chevalier de la Légion d’honneur ernannt. Er nimmt während der Napoleonischen Kriege u.a. an den Schlachten bei Dresden, Bautzen und Leipzig teil. 1935 hat er bereits den Rang eines Feldmarschalls inne, und zehn Jahre danach wird er Generalleutnant. Vor dem Hintergrund der nachrevolutionären politischen Wirren verhilft eine solche Biografie natürlich zu stattlichem gesellschaftlichem Ansehen und nicht zuletzt zu gediegenem Wohlstand. Das Grand Véfour, auch damals schon keine Adresse für den kleinen Geldbeutel, bietet das entsprechende Ambiente, beides gebührend zur Schau zu stellen.
Die Theorie, der patron oder der saucier des Nobelrestaurants könnte die feine Käse-Béchamel nach dem feinen Stammgast benannt haben, klingt also durchaus plausibel. Vielleicht wurde Charles ja aber auch durch die sehr helle Sauce an die collerette erinnert, jenen weißen, kunstvoll gefältelten Zierkragen, wie er zu Zeiten seines prominenten Vorfahrs Philippe in Mode war und mit dem dieser sich gerne in Portrait-Gemälden abbilden ließ. Und eine nicht zu dunkel gratinierte, schön aufgeplusterte Mornay-Haube auf einem runden Schüsselchen ist optisch der üppigen Halskrause gar nicht so fern.