Ulis Culinaria

Nellie Melba

*1861 Melbourne, †1931 Sydney

la Primadonna

Mit etwa 25 Jahren kam die als Helen Mitchell geborene Sängerin von Australien nach Europa, um bei einer Gesangslehrerin in Paris ihre Sopranstimme zu perfektionieren. Nach ersten Engagements an diversen europäischen Opernbühnen legte sie sich den Künstlernamen Nellie Melba zu. Der Nachname ist eine Reminiszenz an ihre Geburtstadt Melbourne. Sie feierte als Koloratursopranistin große Erfolge in Opern von Verdi, →Rossini, Puccini und anderen bedeutenden Komponisten und galt als eine der beliebtesten Primadonnen ihrer Zeit. Sie sang u.a. an den berühmten Operhäusern Metropolitan Opera in New York und an der Scala in Mailand, aber am liebsten trat sie im Covent Garden auf, dem Royal Opera House in London. Hier debütierte sie 1888 in der Titelrolle der →Donizetti-Oper Lucia di Lammermoor.

 

Nellie Melba 1888

Wenn die Melba in London gastierte, wohnte sie gerne in dem erst 1889 eröffneten, von César Ritz geleiteten Savoy Hotel, damals das luxuriöseste Haus der britischen Hauptstadt. So auch 1892-93, als sie im Covent Garden die Elsa in der Oper Lohengrin von Richard Wagner gab. Die Küche des Savoy wurde von dem großen französischen Koch Auguste →Escoffier geleitet, einem Kunst- und Opernliebhaber, der sich selbst als Künstler am Herd sah. Inspiriert von dem allegorischen Schwan, der das Boot des Titelhelden Lohengrin zieht, kombinierte Escoffier zwei große Kugeln Vanille-Eiscreme mit einem halben Pfirsich in einem Glaskelch so, dass das Gebilde an den weißen Vogel erinnerte. Den Pfirsich (frz. pêche) hatte er zuvor gehäutet und in Läuterzucker pochiert. Die Dramatik der Opernhandlung unterstrich er mit einem Überguss von blutrotem Himbeer-Coulis.

Pêche Melba

Die Primadonna war von dem künstlerischen Dessert so begeistert, dass sie dem Vorschlag Escoffiers, es Pêche Melba zu taufen, geschmeichelt zustimmte. Nachdem die Kreation in Büchern des Kochs veröffentlicht wurde, nahm der Pfirsich Melba, wie er in deutschen Speisekarten steht, schnell Eingang in das gängige Repertoire der internationalen gehobenen Küche. Nur sehr selten wird das Dessert aber noch so kunstvoll gestaltet, dass man zumindest annähernd das von Escoffier gemeinte Schwanenmotiv erkennen könnte.

Für ein ähnliches Dessert hatte Escoffier schon einige Jahre zuvor statt des Pfirsichs eine halbierte pochierte Birne und Schokoladensauce statt des Himbeermarks mit Vanilleeis kombiniert. Diese Zubereitung hatte er, ebenfalls nach einem Opern-Erlebnis, Poire Belle Hélène getauft (→Helena).

Weniger bekannt ist der Toast Melba, den er der Sängerin servierte, als diese einmal über Magenbeschwerden klagte.

Nach dem üblichen ersten Rösten der Weißbrotscheiben schnitt er sie quer zur halben Stärke auf und toastete sie ein zweites Mal, sodass sie schließlich trocken wie ein Zwieback waren. Diese knusprige Beilagenvariante zur Vorspeise oder zum Salat findet man noch hie und da auf dem Tisch traditioneller Restaurants.

Toast Melba

Amerikanische Supermärkte bieten eine Kombination aus Toastbrot und Zwieback an: Die bereits trocken-gerösteten, geschmacksneutralen, dünnen Weiß- oder Graubrotscheiben werden als Melba Toast Crackers vermarktet.

Das deutsche Wort zwieback verwenden US-Amerikaner für süßes Gebäck, das wir z.B. vor Weihnachten als Plätzchen backen. Oder als Biskuits, was ja ebenfalls zwei Mal gebacken bedeutet.

Seltsamerweise war es keine Pfirsichsorte, sondern ein Apfel, den Obstzüchter der australischen Sängerin widmeten. Ende des 19.Jhs. entstand in Kanada die Sorte Melba mit der Weiterzüchtung Red Melba. Ein konkreter Grund für die Namensgebung ist nicht bekannt.

Vielleicht war der Apfelzüchter schlicht ein Fan des Opernstars …?

Die beiden Sorten sind nicht sehr lagerfähig und vertragen keine langen Transporte, in Europa sind sie kaum bekannt.

Red Melba