So mancher Küchen-Azubi hat sich in der Anfangszeit der Lehre beklagt, er lerne ja garnicht richtig zu kochen, er müsse ja ständig nur so stupide Arbeiten erledigen wie das Schälen und Schneiden von Kartoffeln, Zwiebeln und anderem Gemüse.
Ja, das kann schon nerven! Andererseits war so manchem enttäuschten Küchen-Star in spe nicht so recht bewusst, dass er damit einen nicht unwichtigen Beitrag zur erfolgreichen Arbeit der Restaurantküche leistete. Denn wenn später bei vollem Gastraum in der Küche alles reibungslos funktionieren soll, muss die mise en place stimmen. Damit meint das Küchen-Französische die Bereitstellung all jener Zutaten, aus denen später die verschiedenen auf der Karte angebotenen Speisen zubereitet werden sollen. Um dem Gast überlange Wartezeiten zu ersparen, werden möglichst viele Arbeitsgänge bereits im Vorhinein erledigt. Und dazu gehört eben auch das zeitraubende Putzen, Schälen und Schneiden von Gemüse und anderen Lebensmitteln, die dann gebrauchsfertig neben den Herd, also
an den Platz gestellt
werden.
Adäquat versteht man im Gastraum unter Mise en Place das Eindecken der Tische, das Polieren von Gläsern und Bestecken, das kunstvolle Falten von Servietten und all die anderen Arbeiten, die dem Gast eine Wohlfühlatmosphäre bieten.
Das wichtigste Werkzeug für die Mise en Place in der Küche ist das →Messer. Dabei gibt es das Messer natürlich nicht, sondern jeder Koch ist stolz auf ein ganzes Sortiment an Schneidwerkzeugen, die er hegt und pflegt. Und eifersüchtig achtet er darauf, dass kein Anderer sich seiner Messer bedient, denn natürlich kann nur er selbst sie so handhaben, dass sie keinen Schaden erleiden. Wer etwa ein sensibles Filetiermesser zum Entbeinen missbraucht und ihm dabei am harten Knochen sogar eine Scharte zufügt, begeht geradezu ein Verbrechen! Denn für praktisch jede Aufgabe gibt es Spezialisten unter den Klingen.
Und die Wahl des jeweils richtigen Messers für die verschiedenen Arbeiten lernt die angehende Köchin, der angehende Koch bei der Mise en Place als Erstes. Dazu lernt er auch die fachsprachlichen Begriffe des Kochhandwerks kennen, von denen sehr viele aus dem Französischen stammen. So wird er irgendwann auch wissen, was in die Mise en Place gehört, wenn der chef de cuisine ein Mirepoix zubereiten will. Denn dann braucht er möglichst gleichmäßig geschnittene Würfelchen von Wurzelgemüse, in der Regel Zwiebeln, Sellerie und Karotten. Die wird er dann, vielleicht mit etwas Speck, Kräutern und anderen Aromagebern, in der Pfanne kräftig →anrösten, bis sie dank des im Fruchtfleisch enthaltenen Zuckers intensive Farbe und karamelligen Geschmack entwickeln.
Diese Zubereitung soll der Koch von Gaston-Pierre de Lévis-Lomagne nach seinem Dienstherrn benannt haben. Über Jahrhunderte war so etwas, wie etliche Beispiele auch in diesem Lexikon zeigen, eine gute Möglichkeit für Köche, sich bei ihren Herrschaften beliebt zu machen. Der edle Herr kann also eigentlich nicht wirklich etwas dafür, dass wir unter seinem Namen einen kleinen Ausflug in die kulinarische Kunst des Schneidens unternehmen.
Der edle Herr entstammte der Adelsfamilie derer von Lévis, die ihren Sitz auf dem Gebiet des heutigen Départements Yvelines westlich von Paris hatte. Dessen Hauptstadt ist Versailles, man war also schon früh nahe am Machtzentrum der französischen Monarchie des Ancien Régime. Gaston-Pierre war bereits mit acht Jahren zum Waisenjungen geworden und als 16jähriger zum Militär gegangen. Seine Ausbildung erhielt er bei den mousquetaires du roi, den Musketieren des gerade gekrönten, erst fünf Jahre alten Louis XV (→Leszczyńska).
Schnell stieg er Stufe für Stufe, Dienstgrad für Dienstgrad auf der Karriereleiter nach oben. Er bewies nicht nur militärisches, sondern auch diplomatisches Geschick und wurde 1735 zum Botschafter Frankreichs in Wien ernannt. Im Österreichischen Erbfolgekrieg ab 1740 verdiente er sich als Feldmarschall weitere Sporen.
Bereits Gastons Vater war die Herrschaft über das Mirepoix zugesprochen worden, einen Landstrich im Languedoc, an den heute noch eine gleichnamige Ortsgemeinde 40km westlich von →Carcassonne erinnert. 1751 schließlich ernannte König Ludwig XV. Gaston zum Herzog, zum duc de Mirepoix, und wenige Monate vor seinem Tod erhielt er mit dem Titel eines maréchal de France die seinerzeit höchstmögliche militärische Auszeichnung des Königreiches.
Es wird berichtet, mehr als er selbst habe sich die zweite Ehefrau des Herzogs in dessen Ruhm gesonnt, was sich in engem Kontakt zum Hofstaat zeigte. Sie soll aus dem Vollen geschöpft haben und unter anderem aufwändige Gastmahle veranstaltet haben. Und bei einer solchen Gelegenheit könnte der unbekannte herzogliche Koch auch seine Gemüsezubereitung unter dem Namen mirepoix präsentiert haben.
Unter einem Mirepoix (manche, wie z.B. der Altmeister →Carême, verwenden den Begriff in der Femininform eine Mirepoix) versteht man heute sowohl die Art, das Gemüse zu schneiden, als auch die fertige Zubereitung, die als Suppeneinlage, als Begleiter von gebratenem Fleisch und Fisch oder als Basis für herzhafte Saucen Verwendung findet.
Nun ist die Gleichmäßigkeit der bereits erwähnten Würfelchen von etwa einem Zentimeter Kantenlänge nicht nur eine Frage der Optik. Denn der Küchenazubi lernt hierbei, dass schon beim Zerteilen die unterschiedlichen Garzeiten der unterschiedlichen Lebensmittel beachtet werden wollen. Und die drei für ein Mirepoix üblichen Teilnehmer Zwiebel, Karotte und Sellerie brauchen etwa gleich viel Zeit, um unter Hitze bissfest zu garen, also nicht zu Brei zu zerfallen. Das setzt aber eben voraus, dass sie dabei in möglichst gleich große Stücke oder Stückchen zerteilt werden.
Dasselbe Prinzip liegt auch anderen Schnittformen zugrunde. Und alle haben ihre feste Bezeichnung, bei der jeder Bescheid weiß, der das Küchenfranzösische beherrscht. Werden beispielsweise die Gemüsewürfelchen noch feiner gewünscht als für das Mirepoix, wird eine brunoise daraus. Für eine julienne, vielleicht benannt nach einem unbekannten Koch namens Julien, werden wenige Millimeter dicke und fingerlange Streifchen geschnitten. Auch hier gibt es eine noch feinere Variante, bei der Streichhölzer als namentliches Vorbild gedient haben, auf Französisch allumettes.
All diese Schnitttechniken lassen sich mit dem wichtigsten Messer, dem sog. Kochmesser bewerkstelligen. Dessen konvexe Klingenspitze ermöglicht es, die Schneide bei wiegender Auf- und Abbewegung des Griffs ständig in Berührung mit der Schneidunterlage zu halten, was die Sicherheit erhöht. Aber auch in Profiküchen nimmt man gerne die Mandoline zur Hand, ein Gerät, das mit wechselbaren Schneideinsätzen zum vielseitigen Küchenhelfer wird. Wie beim Anschlagen der Saiten eines Musikinstrumentes bewegt sich die Hand mit dem Gemüse rhythmisch auf und ab.
Ebenfalls sowohl für eine optisch anspechende Präsentation als auch zur Berücksichtigung der gemeinsamen Garzeit werden aus ungleich großen Kartoffeln, Rüben und anderem gerne gleich große, spindelförmige Stücke tourniert. Dazu dreht und umrundet man das Schneidgut mit der konkav gebogenen Klinge des kleinen Schälmessers. Gemäß dem französischen Wort tourner wird das Werkzeug deshalb auch als Tourniermesser bezeichnet.
Ein ganz spezielles Messer ist der Parisienne-Ausstecher, frz. cuillère parisienne. Mit der kleinen hohlen Halbkugel lassen sich z.B. aus Kartoffeln kleine Kügelchen ausstechen, die meist kurz blanchiert und in Butter knusprig gebraten werden, bevor man sie als pommes parisienne oder, bei uns, als Schlosskartoffeln zu Fleisch oder Fisch serviert (→Chateaubriand). Aus Melonen, Äpfeln, Birnen und anderen festfleischigen Früchten werden die Bällchen gerne für eine macédoine, einen bunten Obstsalat gestochen (→Jacques).