Ulis Culinaria

Haman

5. Jh.v.Chr.

Im 5. Jh.v.Chr. erstreckte sich das Reich des Perserkönigs Ahasveros vom heutigen Griechenland im Nordwesten und von Äthiopien im Süden bis an den Indus im Osten. Im Tanach, der grundlegenden Schrift des Judentums, und im Alten Testament der Bibel wird Ahasver u.a. im Buch Esther (je nach Übertragung aus dem Hebräischen auch Ester geschrieben) erwähnt. Der König, in dem manche Historiker den berühmten Xerxes sehen, hatte die jüdische Waise Esther zur Frau genommen, die dadurch zur Königin wurde.

Esther vs. Haman

jüdische Frühgeschichte

Ester und Ahasver, Relief im Mailänder Dom

Der einflussreichste Berater des Königs ist der Minister Haman, der sich besonders als Gegner der in der persischen Diaspora lebenden Juden hervortut. Eines Tages, so berichtet das Buch Esther, fühlt sich Haman von Mordechai, dem Onkel und Adoptivvater von Esther, gedemütigt, weil dieser ihm den gebotenen Kniefall verweigert hatte. Er erwirkt bei Ahasveros einen Erlass, nach dem alle Juden des Reiches an einem einzigen Tag, dem 13. Adar, umgebracht werden sollen (der Monat Adar des jüdischen Kalenders beginnt nach dem gregorianischen Kalender Mitte Februar).

A. de Gelder, Esther und Mordechai, 1675

Erst als Esther den König darauf hinweist, dass der Beschluss auch für sie selbst und für Mordechai den Tod bedeuten würde, wird ihm klar, was er angerichtet hat. Das Edikt, das quasi Gesetzeskraft besitzt, kann er zwar nicht mehr zurücknehmen. Dafür lässt er – nach Esthers Ratschlag – Haman und dessen Familie sowie seine gesamte Gefolgschaft hinrichten. Im Buch Esther ist von 75.000 Persern die Rede, die in der Folgezeit ermordet wurden.

das Purim-Fest

Haman hatte das Datum für den Tod der Juden durch Los bestimmt. Ein solches Zufallsverfahren heißt im Hebräischen pur. Davon ist der Name des Purim-Festes abgeleitet, mit dem bis heute Juden weltweit Ende Februar/Anfang März die Rettung aus der persischen Diaspora feiern. Ganz im Gegensatz zu dem blutigen Gemetzel, an das es erinnern soll, begeht man Purim mit Musik und Maskerade in ausgelassener Fröhlichkeit, die schon fast an Karneval erinnert. Davor werden aber zunächst in der Synagoge die entsprechenden Textpassagen aus dem Buch Esther vorgelesen, und jedesmal, wenn dabei der Name Haman zu hören ist, wird das mit lauten Missfallensbekundungen wie Rasseln, Ratschen oder Fußgetrampel quittiert. Und so, wie man sich im Karneval über weltliche und kirchliche Obrigkeiten lustig macht, dienen den Juden in Purim-Laune alle möglichen alttestamentarischen Figuren und aktuelle Ereignisse in der Gemeinde als Anlass für spöttische bis derbe Sketche und Späße.

Danach wird ausgiebig gefeiert, was natürlich auch gutes Essen mit reichlich Wein und anderen alkoholischen Getränken bedeutet. Bei keinem anderen jüdischen Fest wird so über die Stränge geschlagen wie an Purim, Besäufnis und Fresserei sind regelrecht Programm. So ist man beispielsweise aufgefordert, mit dem Trinkspruch I’Chaims! (Auf das Leben!) so oft das Weinglas zu leeren, bis die Parolen Es lebe Mordechai! und Haman sei verfucht! zu unaussprechlichen hebräischen Zungenbrechern werden …

I 'Chaims !

Vor allem die Kinder freuen sich über allerlei Süßgebäck wie z.B. nunt, ein Konfekt aus Honig und Walnüssen, oder kreplach. Die süß oder herzhaft gefüllten Krapfen ähneln den Berlinern, die z.B. in der rheinhessischen Faschingshochburg Mainz als Kreppel verspeist werden.

Hamantaschen

Oder man genießt Hamantaschen. Das Hefegebäck besteht aus einem kreisrunden Teigfladen, auf dessen Mitte ein dicker Klecks Mohncreme oder Pflaumenmus kommt. Der Teig wird zu einer dreieckigen Tasche gefaltet und knusprig gebacken.

Wenn die Dreiecke einigermaßen gleichseitig geworden sind – und der vorherige Alkoholgenuss es noch zulässt – kann man aus 6 Hamantaschen sogar den Magen David zusammenlegen, den als Symbol des Judentums bekannten Davidstern. Und mit weiteren 6 Hamantaschen lässt sich der Stern sogar füllen.

Der Name des Gebäcks lautet im Hebräischen Osnei Haman, Hamans Ohren. Denn dem judenfeindlichen Perser sollen vor seiner Hinrichtung noch die Ohren abgetrennt worden sein, eine Verspottung, die mit dem Gebäck an Purim symbolisch wiederholt wird. Deshalb werden die Hamantaschen in einigen Regionen Deutschlands auch Haman-Ohren genannt. Andere ziehen eine weniger blutige Erklärung vor, nach der die süßen Stücke an einen Dreispitz erinnern, wie ihn Haman als Kopfbedeckung getragen habe.

In der jiddischen Weltsprache nennt man die Süßigkeit Mohntash, eine Ableitung von deutsch Mohntasche. Hieraus könnte sich ebenfalls die Bezeichnung Hamantasch gebildet haben. Denn die Samen des Schlafmohns werden auch im Jiddischen Mohn genannt. Und in der hebräischen Konsonanten-Schrift gleicht das Wort Mohn dem Namen Haman.