Das Prinzip an sich, rohes Rinderfilet mit einer säurebetonten Sauce zu marinieren, ist keine Neuerfindung Ciprianis, wenn auch unbestritten er derjenige war, der ihm als Carpaccio zu Berühmtheit verholfen hat. Er hat ein viel älteres kulinarisches Vorbild im carne cruda all’albese, benannt nach der piemontesischen Stadt →Alba. Dort mariniert man seit langem das rohe Fleisch auf Albeser Art mit einer Zitronenvinaigrette und serviert es mit tartufi bianchi, den weißen Trüffeln, für die Alba weltberühmt ist.
Es darf wohl angenommen werden, dass dem aus Verona stammenden Cipriani dieses traditionelle Gericht bekannt war. Aber man kann ihm zugute halten, dass er selbst es nie als Eigenkreation ausgegeben hat. Gegen entsprechende Legendenbildung hat er sich dann halt – wer will’s ihm verdenken – nicht unbedingt zur Wehr gesetzt. Immerhin hat er sich ja mit der weißen Mayonnaisesauce auch etwas vom Albeser Original unterschieden.