Ulis Culinaria

Siddharta Gautama Buddha

*563 v.Chr. Lumbini, †483 v.Chr. Kushinagar

Auf jedem europäischen Wochenmarkt und in jeder Obst- und Gemüseabteilung gehören heute Zitusfrüchte zum selbstverständlichen und ganzjährigen Angebot. Orangen, Zitronen und Mandarinen, noch bis in die Mitte des 20.Jhs. oftmals als weihnachtliche Besonderheit geschätzt, sind nicht nur als Saft, sondern auch als frische Früchte längst alltäglich geworden. Wenn auch mittlerweile die Palette der unterschiedlichsten Zuchtformen schier unüberschaubar geworden ist, waren die ursprünglichen Formen der Zitrusfrüchte bereits in der frühen Antike im Mittelmeerraum beliebt. Sie galten nicht nur wegen des relativ hohen Vitamin-C-Gehaltes als gesundes Lebensmittel, sondern ihre Säure wurde vor allem zum Würzen und zum Konservieren von Fleisch und besonders von Fisch genutzt.

Buddhas Hand

Das Stammwort Zitrus wurde allerdings von einer Pflanze übernommen, die botanisch mit den Zitrusfrüchten nichts zu tun hat. Das Holz des Zedernbaumes enthält ätherische Öle, die einen zitrusartigen Duft verströmen. Der Baum, der die Flagge des Libanon ziert, kommt aus dem nördlichen Afrika und dem vorderen Orient und heißt auf Griechisch kédros, im botanischen Latein Cedrus. Der Name wurde auf die sauren Früchte in der Form citrus übertragen. Hin und wieder findet man noch die alte Bezeichnung Zedernapfel.

Die ersten Zitruspflanzen, ursprünglich aus Asien kommend, gelangten wohl mit jüdischen Auswanderern in den Süden Europas, wo sie günstige klimatische Bedingungen vorfanden. Die zuerst in Spanien von arabischen Eroberern angebauten Früchte waren allerdings von dem, was wir als Obst genießen, noch ein ganzes Stück entfernt. Da war einmal die Bitterorange, die nach der südspanischen Stadt auch als →Sevilla-Orange bezeichnet wird und aus der die Engländer ihre berühmte orange marmalade kochen (→Dundee).

Und zweitens die sogenannte Zitronat-Zitrone. Ihren Namen hat sie bekommen, weil sie sich vor allem für die Herstellung von Zitronat eignet, wie es seit jeher, gemeinsam mit dem Orangeat von Bitterorangen, in allerlei Back- und Naschwerk verarbeitet wird. Hierzu wird die dicke Schale der Früchte, also das weiße Mesokarp unter der gelben bzw. orangefarbenen Außenhaut, in kleine Würfelchen geschnitten und in Zuckersirup kandiert.

Die Zitronatzitrone Citrus medica, nach der Zeder auch Zedratzitrone genannt, eignet sich fast nur zu diesem Zweck, denn das Mesokarp nimmt den größten Teil der Frucht ein. Nur ein kleiner Kern im Zentrum besteht aus Fruchtfleisch, das zudem kaum Saft enthält und sehr bitter schmeckt. Der zweite Teil des botanischen Namens hat, trotz des gesunden Vitamingehalts, nichts mit Medizin zu tun. Er bezieht sich auf Medien, eine historische Region im heutigen Iran, aus der die Früchte von Juden mitgebracht wurden. Beim jüdischen Erntedank, dem Laubhüttenfest, wird ein besonders erlesenes Exemplar einer Zitronatzitrone als Etrog gemeinsam mit Zweigen von Weide, Myrte und Palme zum symbolischen Paradiesapfel, der Adam zum Sündenfall verführt hat.

Die Frucht Citrus x limon, die wir als Zitrone kennen (frz. citron, engl. lemon), ist erst später aus der Kreuzung von Zitronatzitrone und Bitterorange entstanden.

Auch im Buddhismus hat die Zitronatzitrone eine religiöse Bedeutung. Vor allem in Vietnam, China, Japan und anderen ostasiatischen Ländern wächst die Citrus medica var. sarcodactylis. Der Namenszusatz bedeutet fleischfingrig, was sich auf die ungewöhnliche Form der Früchte bezieht. Die zehn und mehr Fruchtsegmente, die sich bei Orange und Zitrone den Raum innerhalb der kugeligen Frucht teilen und sich als Filets auslösen lassen, wachsen hier voneinander getrennt fingerförmig aus dem Blütenansatz heraus und sind einzeln von Fruchtschale umhüllt. Damit erinnern sie an traditionelle Statuen des Religionsgründers Buddha, bei denen die Hände in halb geschlossener Haltung und mit leicht nach außen gebogenen Fingerspitzen dargestellt sind. Nach buddhistischer Lehre ist ein Erwachter, so die Übersetzung von Buddha, an der Erfüllung bestimmter körperlicher Bedingungen erkennbar. Das vierte der 32 Großen Merkmale fordert lange und schlanke Finger. Und in den 80 Kleineren Merkmalen wird präzisiert, dass die Nägel der röhrenförmigen Finger leicht aufwärts gerichtet sein sollen.

Die in den buddhistischen Ländern Ostasiens üblichen Bezeichnungen der Früchte bedeuten denn auch Buddhas Hand. Unter diesem Namen sind sie auch in Europa bekannt geworden. Während sie im Buddhismus vor allem rituelle Bedeutung als Opfergabe oder Festgeschenk haben, werden sie von hiesigen Köchen manchmal als bittersüßes Würzmittel in Salate, Saucen oder andere Zubereitungen gehobelt. Da sie auf westlichen Märkten relativ selten und entsprechend teuer sind, wird aus ihnen selten Zitronat hergestellt, obwohl sie dazu genauso gut geeignet wären wie ihre rundlich geformten Artgenossinnen. Häufiger als einzelne Früchte bekommt man inzwischen Bäumchen angeboten, die sich als wohlduftende Zimmerpflanzen im Kübel aufziehen lassen. Auch in ihrer Heimat wird die Hand Buddhas wegen ihrer aparten Form und wegen des von ihr verströmten Aromas gerne als luftverbessernder Raumschmuck in eine schöne Schale gelegt. Kleinere Stücke sorgen im Schrank für wohlriechende Wäsche und Kleidung.