Ulis Culinaria

Ludwig von Battenberg

*1854 Graz, †1921 London

Fast nichts mehr deutet in dem nordhessischen Städtchen Battenberg darauf hin, welche Karriere dem Ortsnamen beschieden war. Im 13.Jh. herrschte dort das gleichnamige Adelsgeschlecht, das sich als Wohnsitz auf einer Anhöhe die Kellerburg errichtete. Von der ursprünglichen Anlage sind lediglich ein paar Mauerreste erhalten, denn die Burg war verwaist, nachdem der hier ansässige Familienzweig im 14.Jh. ausgestorben war, und die Battenberger nutzten die Gemäuer als Steinbruch für ihre eigenen Häuser. Nur der Bergfried wurde restauriert und bietet Besuchern eine schöne Aussicht über das ehemalige Land der Grafen von Battenberg.

Battenberg Cake

Battenberg-Kuchen

Aber auf Schloss Heiligenberg bei Darmstadt lebte im 19.Jh. Prinz Alexander von Hessen-Darmstadt, dessen bürgerliche Gemahlin Julia Hauke den Adelstitel ihres Mannes nicht übernehmen durfte. Stattdessen wurde ihr der Titel Gräfin von Battenberg verliehen, womit das alte Adelsgeschlecht quasi wieder auferstand. Die Söhne des Paares, Ludwig, Alexander, Heinrich und Franz-Joseph, erhielten ebenfalls den Namen von Battenberg. Ludwig von Battenberg, der älteste der vier Brüder, entschied sich bereits als Jugendlicher für eine militärische Laufbahn. Zum Zeitpunkt seiner Geburt diente sein Vater, der das Ansinnen unterstützte, als Offizier der k.u.k.-Streitkräfte in Graz.

Portrait 1910

Eine englische Cousine von Ludwig, Tochter von Queen →Victoria, überredete ihn, nach England zu gehen. Im Alter von 14 Jahren trat er in den Dienst der Royal Navy und machte dort eine beachtliche Karriere. Er kam im weltweiten britischen Kolonialreich weit herum, und 1904 wurde er Konteradmiral, vier Jahre später wurde ihm als Vizeadmiral die Atlantic Fleet unterstellt. Weitere vier Jahre später hatte er als First Sea Lord den höchsten militärischen Rang der Navy inne und war direkt dem Obersten Befehlshaber und späteren Premierminister Winston Churchill unterstellt.

Dieser gab allerdings der gewachsenen Deutschenfeindlichkeit in der britischen Öffentlichkeit nach und brachte Battenberg dazu, noch vor dem Beginn des Ersten Weltkrieges 1914 von seinen Funktionen in der britischen Marine zurückzutreten. Da half auch nicht, dass er noch während des Krieges seinen Namen offiziell als Louis Mountbatten ins Englische übersetzte und britischer Staatsbürger sowie 1. Marquess of Milford Haven geworden war. Immerhin ist das hessische Adelsgeschlecht bis heute an höchst prominenter Stelle im United Kingdom weiterhin vertreten: Prinz Philipp, der 2021 verstorbene Gemahl von Queen Elizabeth II., war ein Neffe Ludwigs von Battenberg.

Die Familie, 1902

Aber zumindest indirekt hat Battenberg/Mountbatten eine kulinarische Erinnerung hinterlassen, die besonders auch im Vereinigten Königreich bis heute geschätzt wird. 1884 hatte Ludwig seine Cousine Prinzessin Viktoria von Hessen-Darmstadt geheiratet, eine Enkelin von Queen Victoria. Zu den Hochzeitsfeierlichkeiten in Darmstadt wurde ein Kuchen kreiert, der das innige Verhältnis zwischen Ludwig Alexander und seinen drei Brüdern symbolisieren sollte. Das seitdem Battenbergkuchen, englisch Battenberg Cake genannte Backwerk weist im Anschnitt ein zweifarbiges Mini-Schachbrett-Muster aus vier Feldern auf.

Dazu rührte der unbekannte Konditor zunächst eine Biskuitmasse an, die er in zwei gleiche Hälften teilte. Die eine Hälfte beließ er natur, die andere färbte er mit roter Lebensmittelfarbe kräftig rosa ein. Die beiden Massen buk er in zwei Kastenformen getrennt aus und schnitt sie anschließend in Stangen mit quadratischem Querschnitt. Jeweils zwei rosafarbene und zwei helle Biskuitblöcke setzte er kreuzweise versetzt wieder zusammen, als Mörtel verwendete er Aprikosenkonfitüre. Schließlich kleidete er das quaderförmige Gebilde in eine dünn ausgewalzte Hülle aus feinem Marzipan.

Alternativ wird inzwischen auch eine der Biskuitmassen statt rosa mit Kakao dunkelbraun gefärbt, und manchmal werden auch 6 oder gar 9 Stränge verbaut, was natürlich von der ursprünglichen Vier-Brüder-Symbolik abweicht. In einigen Rezepten findet man unterschiedliche Aromatisierungen des Biskuits, klassisch ist Vanille. Gelegentlich wird auch eine Anreicherung mit gemahlenen Nüssen oder Mandeln empfohlen. Gemeinsames und auffälligstes Merkmal des Battenbergkuchens ist jedenfalls das hübsche Schachbrettmuster, das beim scheibenweisen Aufschneiden unter der weißen Marzipandecke sichtbar wird.

Wie bei vielen kulinarischen Legenden ist auch hier nicht historisch belegt, ob der Kuchen tatsächlich zur Hochzeit in Darmstadt entstand. Da er sich in Großbritannien offensichtlich größerer Beliebtheit erfeut als hierzulande, halten ihn manche auch für eine britische Erfindung.

Zunächst im Vereinigten Königreich, inzwischen aber auch in vielen weiteren Ländern inkl. Deutschland, bemalen Polizei, Rettungsdienste und Feuerwehren ihre Fahrzeuge mit Schachbrett-Mustern aus je zwei stark kontrastierenden Signalfarben. Ganz offiziell heißt das im Amts-Jargon Battenberg Marking.