*1835, †1919
Wenn man in Europa an chilenische Politik denkt, fallen den meisten Menschen die Namen Salvador Allende und Augusto Pinochet ein. Allende hatte als chilenischer Präsident versucht, das Land demokratisch zu formen, wurde aber in einem vom US-Geheimdienst CIA unterstützten Putsch 1973 durch das Militär gestürzt und zum Suizid getrieben. Die anschließende, bis 1980 währende Diktatur des Generals Pinochet ist eines der dunkelsten Kapitel der chilenischen Geschichte.
70 Jahre zuvor hatte der liberale Politiker Ramón Barros Luco das Amt des chilenischen Präsidenten angetreten und war während seiner fünfjährigen Amtszeit bis 1915 vor allem darauf bedacht, zwischen den unterschiedlichen politischen Interessen einen demokratischen Ausgleich zu schaffen. Zuvor hatte er als Parlamentsabgeordneter sowie als Innen- und Finanzminister politisches Ansehen erworben. In Europa war er zumindest in Diplomatenkreisen als Vertreter seines Landes in Bern und Paris bekannt geworden.
Seine öffentliche Zurückhaltung führte dazu, dass Barros‘ politisches Wirken selbst in seinem Heimatland nur wenig in Erinnerung geblieben ist. Trotzdem ist sein Name bis heute – im wahrsten Sinne des Wortes – in aller Munde. Denn eine alltägliche Essensbestellung in Restaurants vom Norden bis in den tiefen Süden des über 4.200km gestreckten Landes lautet:
Auch diese Benennung einer recht simplen Mahlzeit spricht für die Bescheidenheit von Barros. Er soll sie gerne und regelmäßig genossen haben, ob nun im Restaurant des Parlamentsgebäudes in Santiago de Chile oder, wie andere sagen, in der Confiteria Torres, seinem Lieblingscafé.
Das Rindfleisch, ein einfacher Braten, ein dünnes Steak oder, in noblerer Ausführung, aus dem Filet geschnitten, ist typisch für die südamerikanische Viehwirtschaft. Aber auch in der Biografie von Barros spielte Rindfleisch zeitweise eine Rolle: Als Sohn aus einer adligen, aber nicht gerade wohlhabenden Familie hatte er sich den Lebensunterhalt während seines Jura-Studiums unter anderem mit Arbeit in einem Schlachthof verdient.
Es handelt sich um eine Scheibe Weißbrot, belegt mit carne de res, dünn geschnittenem Rindfleisch, und mit queso (Käse), bedeckt von einer zweiten Brotscheibe. Das Ganze wird von beiden Seiten in der Pfanne (oder heutzutage in speziellen Sandwich-Brätern) angeröstet, was den Käse zum Schmelzen bringt.
Ein gut schmelzender Käse ist der in ganz Chile produzierte queso chanco aus Kuhmilch. Oft werden als vollwertige Mahlzeit zwei oder auch vier der mit dem Käse zusammengebackenen Doppeldecker auf einem Teller serviert, wobei dann noch diverse Gemüsebeilagen und Saucen (Ketchup, Mayonnaise, Tomaten, Chili u.a.) ins Spiel kommen können. Da sich diese Zubereitung kaum noch aus der Hand genießen lässt, bekommt man Messer und Gabel dazu, was von der ursprünglichen Idee des →4. Earl of Sandwich natürlich abweicht. In manchen Restaurants oder Schnellimbissen wird statt des Toastbrotes ein weiches Brötchen mit Fleisch belegt. In diesem Fall kommt queso caliente dazu, also heißer, separat geschmolzener Käse. Und ein solches Brötchen-Sandwich funktioniert dann auch wieder gut als finger food.
Aufgeschnittene und mit Fleisch, Fisch und anderen Zutaten gefüllte Brötchen heißen auf spanisch eigentlich emparedados, und sind besonders in Mittelamerika beliebt. Doch auch hier hat sich der internationale Sammelbegriff sandwich längst durchgesetzt. Hin und wieder wird das frische Fleisch auch durch dünn geschnittenen Schinken vom Schwein ersetzt, was aber dem Namensgeber sicher nicht so richtig gefallen hätte. Deshalb wird diese Version dann auch meist unter dem Namen seines Neffen namens Barros Jarpa serviert.
Trotz aller Abwandlungen und Erweiterungen, die das kleine Gericht im Lauf der Jahre erfahren hat, wird es bis heute in der Confiteria Torres im Zentrum der Hauptstadt in der bescheidenen Urform serviert, wie sie der Präsident seinerzeit genoss.
Das Sandwich Barros Luco ist auch im benachbarten Argentinien unter diesem Namen beliebt. In Brasilien kennt man einen ähnlichen Snack als →Sanduiche Bauru, benannt nach der gleichnamigen Stadt im Bundesstaat São Paulo.