Ulis Culinaria

Vichy

Das Kurstädtchen in der Auvergne (Département Allier) wurde schon zu Zeiten der römischen Antike aufgrund seiner mineralhaltigen Thermen als Heilbad geschätzt. Wegen des von 1940-44 hier residierenden, nazifreundlichen Régime de Vichy weckt der Ortsname allerdings ungewollt auch negative Assoziationen. Maréchal Pétain hatte Vichy nicht zuletzt wegen der repräsentativen Hotelarchitektur gewählt, die den eines Regierungssitzes würdigen äußerlichen Rahmen bot.

heilendes Wasser in der Auvergne

Die Potage Vichyssois (oder Crème Vichyssoise), eine pürierte, sahnegebundene und lauwarm oder kalt servierte Suppe aus Hühnerbrühe, Kartoffeln und Lauch, wurde von dem in Vichy geborenen Koch Louis Diat erfunden. Die Benennung ist allerdings lediglich eine Reminiszenz an seine Heimatstadt, er arbeitete nämlich seinerzeit im Restaurant des Hotels Ritz-Carlton in New York. Diat äußerte in einem Interview, er habe sich im heißen Sommer des Jahres 1917 an einen Trick seiner Großmutter erinnert: Da den Enkeln die vom Herd weg aufgetischte Suppe stets zu heiß war, der Hunger aber ein geduldiges Pusten und Warten nicht zuließ, habe die Oma etwas kalte Milch in die Teller gegossen. Und mit dieser schönen Kindheitserinnerung aus Vichy habe er den hitzegeplagten Gästen des Hotels etwas Linderung verschaffen können. Dem noblen Anspruch entsprechend habe er lediglich die Milch durch crème ersetzt.

Potage Vichyssois

Mit Carottes Vichy wird nicht etwa eine spezielle, lokale Möhren-Varietät beschrieben. Sie werden so genannt, da sie, zu feinen Scheibchen geschnitten, in Wasser aus den stark salz- und kohlesäurehaltigen Heilquellen von Vichy blanchiert werden, bevor sie, in Butter sautiert, eine appetitliche Glasur bekommen. Den Namen des prominenten Kurbades erhalten die Karotten inzwischen in manchen Speisekarten auch, wenn man sie ganz normal in gut gesalzenem Leitungswasser zubereitet hat.

Carottes Vichy

1824 verbrachte der Pariser Chemiker d’Arcet einen Kuraufenthalt in Vichy und lernte die Wirkung des im Thermalwasser reichlich enthaltenen Natrons gegen Sodbrennen und andere Verdauungsstörungen zu schätzen. Mit örtlichen Apothekern entwickelte er ein Verfahren, dem Wasser diesen Stoff zu entziehen und daraus ein Medikament in Form von Tabletten zu produzieren. Seitdem wurden die Pastilles de Vichy zunächst in Apotheken verkauft, später entdeckten auch confisiers hierin ein Geschäft. Die kleinen weißen, achteckigen Bonbons mit dem Namensrelief Vichy sind heute vor allem im Süßwarenhandel und als touristisches Mitbringsel beliebt. Geschmacklich hat man die Auswahl zwischen Pfefferminze, Anis und Zitrusfrüchten.

Pastilles de Vichy

Für den Verkauf sind Metalldöschen oder luftdichte Plastikverpackungen vorgeschrieben, um der hygroskopischen Wirkung der Salze entgegenzuwirken. Die metallenen Etuis wiederholen die achteckige Form der Pastillen und waren häufig sehr dekorativ gestaltet, weshalb sich ältere Modelle durchaus zum Sammlerobjekt entwickelt haben.

Eau de Source de Vichy

Mehrere der Heil-Quellen werden von Getränkefirmen angezapft, die das Wasser als Eau de source de Vichy (Quellwasser aus Vichy) in Flaschen füllen und, unter dem Namen der jeweiligen Quelle (Célestins, Saint-Yorre …), gut vermarkten.