Ulis Culinaria

Ulm

Wenn auch der legendäre Schneider von Ulm bei seinen Flugversuchen im wahrsten Sinn des Wortes, nämlich in der Donau baden ging, so haben die Bürger der ostschwäbischen Donaustadt doch etwas von den Vögeln gelernt.

Genauer gesagt: Von einem Spatz!

Eine alte Geschichte berichtet jedenfalls davon, dass Ulmer Bauleute eine Fuhre langer Balken zum Bau des Münsters nicht durch das Stadttor bekamen. Der Stadtrat und andere kluge Köpfe berieten das Problem und beschlossen, das Tor durch Aufbrechen der Stadtmauer zu verbreitern. Kurz bevor es dazu kam, beobachtete jemand einen Spatz, der einen langen Zweig in sein enges Nest bugsierte, indem er ihn längs statt quer in den Schnabel nahm. Nachdem man nun auch die Balken längs statt quer auf den Wagen legte, konnte der Weitertransport zur Baustelle ohne Beschädigung der

der Ulmer Spatz

Stadtmauer erfolgen. Immerhin brachte man danach den mit 161,53m bis heute höchsten Kirchtum der Welt zustande. Der Bau des Ulmer Münsters begann bereits 1377, die Legende entstand aber erst im 19.Jh. Auf dem Dach des Münsters sitzt die in Stein gehauene Figur einer Taube mit einem Ölzweig im Schnabel, biblisches Symbol für das Ende der Sintflut. Da die kleine Skulptur vom Boden aus nicht so recht erkennbar ist, wurde sie im Volksmund zum Sperling mit einem Zweig. Und die Geschichte entstand vielleicht erst im Nachhinein als Erklärung dafür, dass da oben ein Spatz sitzt.

Auch wenn die an Schildbürger erinnernde Geschichte nicht so recht zum Genie von Albert Einstein, 1879 in Ulm geboren, passen will, wird der schlaue Vogel in unterschiedlicher Weise in Ehren gehalten. Der Piepmatz hat praktisch Wahrzeichenstatus.

Ulmer Spatzen ist zum Spitznamen der Einwohner wie der Spieler eines Fußballvereins geworden.

Ein bronzener Spatz mit einem langen Zweig im Schnabel begrüßt die Besucher des Münsters am Eingang, weitere Spatzenskulpturen zieren private und öffentliche Gebäude der Stadt.

Es gibt den Kinderchor Ulmer Spatzen, einen Gasthof Ulmer Spatz sowie ein gleichnamiges Ausflugsschiff auf der Donau.

N° 8345 ist in der astronomischen Nummerierung ein Asteroid, der 1987 entdeckt und Ulmerspatz getauft wurde.

Manche Ulmer leiten gar die Bezeichnung der schwäbischen Nudelvariante Spätzle von der selbstironischen Geschichte ab. Mit einem Augenzwinkern, denn etymologisch ist das natürlich Nonsens.

Und ein Laugengebäck wird als

Ulmer Spatz

verkauft. Der Laugenspatz ist ein aus Hefeteig geformter kleiner Vogel, dem mancher Bäcker zusätzlich einen Strohhalm quer durch den Schnabel steckt. Und das Laugenbad verschafft ihm dann in der Ofenhitze sein sperlingsbraunes Gefieder.

Ulmer Ochsenhorn

Das Bemühen engagierter Gärtner und Landwirte um Wiederentdeckung und Erhaltung alter Obst- und Gemüsesorten hat das Ulmer Ochsenhorn ausgegraben, eine violett-weiße Rübe, die ihren Namen der länglichen, gebogenen Form verdankt. Der Bezug zur Stadt Ulm lässt sich allerdings nicht mehr zurückverfolgen.

Ulmer Butterbirne

Das buttrig zarte und helle Fruchtfleisch hat der Ulmer Butterbirne zu ihrem Namen verholfen. Erste Bäume mit diesen rotgelben, manchmal fast kugelrunden Früchtchen wurden am nordöstlichen Aufstieg auf die Schwäbische Alb zwischen Ulm und Albeck entdeckt, weshalb man sie im 19.Jh. auch als Albecker Steigbirne führte. 2016 avancierte sie zur Streuobstsorte des Jahres.