Ulis Culinaria

Tours

liegt im französischen Département Indre-et-Loire und war früher Hauptstadt der geschichtsträchtigen französischen Region Touraine.

Zwischen 1430 und 1530 hielten sich die französischen Könige dauerhaft in Tours auf und erhoben die Stadt damit faktisch zur capitale du Royaume.

altehrwürdige Königsstadt

Sicher genoss man im königlichen Château de Tours auch rillettes. Darunter versteht man in Frankreich zerkleinertes Fleisch, in der Regel vom Schwein, das über Stunden sanft in Schmalz erhitzt und nach dem Erkalten in Selbigem konserviert wird. Diese Methode der Haltbarmachung von Fleisch im eigenen Fett wird Konfieren genannt, französisch confire für einkochen, einmachen. Mit Enten- oder Gänsefleisch ist es beliebt als confit de canard/d’oie. Auch aus Fisch (Lachs, geräucherte Forelle) oder Flusskrebsen werden rillettes zubereitet. Etymologen leiten den Begriff als Verkleinerungsform von rille ab, womit im regionalen Dialekt das Schweinerückenfilet bezeichnet wird.

Rillettes de Tours

Namhafte französische Literaten wie Balzac und Proust haben rillettes in ihren Werken verewigt. Marcel Proust erwähnt in seiner recherche du temps perdu die rillettes de Tours in einem Atemzug mit den biscuits aus →Reims.

Bereits François Rabelais, der Schöpfer der genussfreudigen Riesen Pantagruel und Gargantua, erzählt von der brune confiture de cochon. Rabelais stammte selbst aus Chinon in der Touraine, der historischen Landschaft um Tours, und nach dem Dichter ist die Universität von Tours benannt.

Rillettes-Wettstreit

Zwei Städte liegen seit langem im Wettstreit um die besten Schweinefleisch-Rillettes Frankreichs: Tours und, 80km nördlich, →Le Mans. Kenner sind sich einig darin, dass die Rillettes de Tours weniger fettlastig sind, was auch daran liegt, dass das Fleisch nicht ganz so zerkleinert wird wie in Le Mans. In Tours kommt zum Würzen neben Salz und Pfeffer noch Vouvray in den Kessel, ein trockener Weißwein aus der Touraine. Zudem wird das flüssige Schmalz am Ende der Zubereitungszeit noch einmal kurz auf große Hitze gebracht, was dem Fleisch charakteristische Farbe und Geschmack mitgibt. 

Immerhin haben die Rillettes aus Tours als bisher einziger Vertreter ihrer Art im Jahr 2013 das EU-Prädikat einer →IGP erhalten und wurden damit praktisch als Originalausgabe anerkannt. Das IGP-Gebiet ist im Wesentlichen deckungsgleich mit dem Département Indre-et-Loire. Das Nachbardépartement Sarthe, in dem Le Mans liegt, ist explizit ausgeschlossen.

Zudem betonen die Metzger in Tours, dass ihre Rillettes auf traditionelle, handwerkliche Weise und vor allem ohne Konservierungsmittel oder andere Zusätze hergestellt werden. Wenn man sie nicht frisch in einer charcuterie in der Touraine kaufen kann, bekommt man Rillettes im Glas, Plastikbecher oder Keramiktöpfchen. Mit frischem Salat geben sie eine feine Vorspeise ab, oder man streicht sie schlicht auf evt. getoastetes Weißbrot.

Neben den Rillettes bekommt man in der Touraine auch rillons. Das sind kleine Würfelchen vom Schweinebauch, die auf die gleiche Art in Schweineschmalz konfiert werden. In der deutschen Metzgerei kennt man ein vergleichbares Produkt als Griebenschmalz.

Nougat de Tours

Château du Clos Lucé

Schon Leonardo da Vinci (1452-1519), der seinen Lebensabend auf Einladung des Königs François Ier im nahen Château du Clos Lucé in Amboise verbrachte, soll für den Nougat de Tours geschwärmt haben, einen mächtigen Mandelkuchen mit kandierten Früchten und Aprikosenmarmelade. In dieser Form hat nougat auf den ersten Blick wenig zu tun mit dem, das wir unter diesem Namen aus →Montélimar oder anderen Städten kennen. 

Die Verbindung ergibt sich aus der Etymologie: Das Wort stammt vom lateinischen nux gatum, wörtlich Nusskuchen. Das französische Pendant gâteau de noix ist noch nahe dran. Auch das, was auf Deutsch als Nougat oder Nugat bezeichnet wird, ergibt sich aus den gemahlenen Haselnüssen, die der Schokoladenmasse beigemengt werden. Das recette du véritable nougat findet sich auf der Webseite der →Confrérie Gourmande du véritable nougat de Tours et autres Pourlécheries Tourangelles.

Jährlich am 26. Juli, dem Tag der Hl.Anna, findet in Tours die foire à l’ail et au basilic statt. Belegt ist der Markt seit der Mitte des 19.Jhs., über seine Ursprünge ist allerdings wenig bekannt. Vermutlich deckte man sich hier mit dem Wintervorrat an Knoblauch (ail) ein, der Basilikum wird wegen der dem aromatischen Kraut zugeschriebenen Wunderkräfte von manchen mit der Sainte Anne in Verbindung gebracht. Diese Kräfte bewahrt der Basilikum über den Winter z.B. in →Pesto-ähnlichen Formen. Längst wird hier aber nicht mehr nur mit den beiden Gewürzpflanzen gehandelt. Von sämtlichen kulinarischen Spezialitäten der Touraine über Kunsthandwerk bis zu Trödel ist hier alles mögliche zu finden.

Foire à l'ail et au basilic