Überall in der südfranzösischen Region Occitanie liebt man den Bohneneintopf →cassoulet, je nach lokalem Geschmack mit verschiedenen Wurst- und Fleischeinlagen. Die Bohnen gehören fast immer zur Sorte Lingot, die hier weit verbreitet ist. In der Ebene des Flusses Adour, an dessen Ufer sich Tarbes schmiegt, dicht am Nordrand der Pyrenäen im Département Hautes-Pyrénées, verfügt man aber mindestens seit dem 16.Jh. über eine eigene Varietät von Phaseolus vulgaris, die sich für das Cassoulet mindestens genauso gut eignet.
Die Haricot Tarbais entstand bald nach der Ankunft der Hülsenfrüchte aus Mittelamerika in der historischen Grafschaft Bigorre, deren Hauptstadt Tarbes einst war. Mit den Bohnen kam auch der Mais hierher. Anfangs nutzte man die nach der Maisernte stehengelassenen hohen Strünke als Rankhilfen für die Bohnen. Diese Anbaumethode, bei der man die Bohnensamen direkt neben der Maiswurzel in die Erde steckt, hatte man von den Azteken im Herkunftsland Mexico übernommen. Auch der Begriff haricot für das neuartige Gewächs ist wahrscheinlich aus dem aztekischen ayacolt entstanden.
Bis ins 20.Jh. baute man um Tarbes so die haricots maïs an. Zeitweise konnte man mehr als die Hälfte der Ernten exportieren, man fand die Maisbohnen aus Tarbes auf den großen Märkten in Bordeaux und Paris, auch die Franzosen im von ihnen besetzten Algerien schätzten das feine Gemüse. In den 1960er Jahren brach die Bohnenkultur jedoch ein. Neu eingeführte hybride Maiszüchtungen ließen die Partnerschaft mit den Kletterpflanzen nicht mehr zu, die Landwirtschaft litt unter Landflucht, und für viele junge Menschen war der mit viel Handarbeit verbundene Bohnenanbau unattraktiv.
Heute wachsen die Bohnen auf relativ kleinen Flächen an Spalieren aus Draht oder Kunststoff, nur noch selten an Maisstängeln. Durch Anpassung an die klimatischen und geologischen Bedingungen der Region und durch züchterische Auswahl waren allerdings über die Jahrhunderte verschiedene Varietäten entstanden, die wegen ihrer Qualität nach wie vor beliebt sind und deshalb von engagierten Landwirten am Leben gehalten werden. Eine davon wird Alaric genannt, eine Sorte mit reinweißen Samenkernen, die 1997 mit dem renommierten Label Rouge ausgezeichnet wurde. Seit 2000 ist Haricot Tarbais für die Hautes-Pyrénées und Teile von drei benachbarten Départements eine →IGP nach EU-Recht.
Außer im cassoulet mounjetado, der Gebirgsversion des Eintopfgerichts, finden die feinen, zarthäutigen, aber kochfesten Bohnen vielfältige kulinarische Verwendung. In einer regionalen Gemüsesuppe, der garbure, dürfen sie auf keinen Fall fehlen. Auf regionalen Wochenmärkten findet man sie frisch in ihren beige-violetten Schoten. Der Großteil wird als getrocknete Ware verkauft, und viele Händler bieten Cassoulet, Garbure & Co. als durchaus gute Fertiggerichte an. Wenn auf deren Etikett das IGP-Siegel prangen soll, muss der Inhalt des Glases zu festgelegten Anteilen aus den Tarbes-Bohnen bestehen.