Ulis Culinaria

Siracusa

Im 8.Jh. v.Chr. als griechische Kolonie gegründet, entwickelte sich Syrákusai zum politischen, wirtschaftlichen und geistigen Zentrum auf Sizilien, der größten Mittelmeerinsel. Der Athener Universalgelehrte Platon hielt sich im 4.Jh.v.Chr. dreimal für längere Zeit in Syrakus auf. Er fand unter der Herrschaft des Tyrannen Dionysos zwar nicht sein Idealbild der gerechten Gesellschaft. Aber die kulinarischen Köstlichkeiten Siziliens und insbesondere die Früchtevielfalt hat Platon immer wieder gelobt.

Limone di Siracusa

Schon lange hatte damals der Zitronenbaum Citrus limon, aus Südostasien stammend, auch auf Sizilien optimale Bedingungen für die Bildung seiner Früchte gefunden. Aber erst die allgemein in der Landwirtschaft bewanderten Jesuiten trieben im Mittelalter den systematischen Anbau und die züchterische Verbesserung der Zitrone voran. In der Südostecke der Insel, um Syrakus herum, erreichten die süßsauren Früchte außergewöhnliche Qualität. 

Die Zitronensorte, die sich hier durchgesetzt hat, ist der femminello siracusano, so genannt wegen seiner außergewöhnlichen Fruchtbarkeit. Wie die meisten Zitronenvarietäten blüht auch diese ganzjährig. Es werden drei Ernteperioden definiert: Der primofiore (erste Blüte) reift von Oktober bis März, die Früchte haben grünliche bis knallig gelbe Schale. In sehr hellem Gelb präsentiert sich der bianchetto (der Weißliche) von April bis Juni, und der hellgrüne verdello (der Grünliche) wird zwischen Juli und September geerntet. 

Wegen ihrer Bedeutung nicht nur für die Küche, sondern auch für Heilkunde und kosmetische Zwecke, wurde die Frucht mit der ölreichen Schale und dem saftreichen Fruchtfleisch schnell zu einem der wichtigsten Handelsgüter der Region, der Hafen der Stadt zum zentralen Ausgangspunkt für die internationale Vermarktung.

Den Namen Limone di Siracusa IGP dürfen die Zitronen tragen, wenn sie aus einem auf rund 10km begrenzten Küstenstreifen bei Syrkus unter definierten Bedingungen betreffs Bodenqualität, Pflanzabständen oder Ernte- und Verarbeitungsmethoden auf den Markt kommen.

Bisher hat die EU-Kommission eine →IGP an neun europäische Zitronen verliehen, von denen immerhin sieben in Italien gedeihen.

Pasta fritta

Der in ganz Sizilien spürbare kulturelle Einfluss des nördlichen Afrika schlägt sich auch in der Pasta fritta alla siracusana nieder. Dünne Fadennudeln werden gekocht und mit Ei und Semmelbröseln paniert, dann fritiert und mit honiggesüßtem Orangensaft übergossen.

Diese süße Speise soll der Sage nach ein Koch in Diensten des tyrannischen Herrschers Dionysios I. erfunden haben, um dessen chronisch schlechte Laune aufzuhellen.

alla siracusana

Unter dem gleichen Rezeptnamen wird heute meist eine salzige →Pasta-Variante zubereitet. In einer Pfanne werden acciughe sott’olio (in Öl eingelegte Sardellen) in Schmalz ausgelassen, reichlich Knoblauch kommt dazu und schließlich werden hierin die vorher al dente gekochten Nudeln mit Semmelbröseln und Ei (manchmal auch noch geriebenem Hartkäse) vermengt und so lange im heißen Schmalz geschwenkt, bis sie goldgelb und knusprig auf den Teller gleiten.

Meistens wird dieses Rezept mit spaghetti zubereitet.

Noch feiner und knuspriger gelingt es mit vermicelli.

Die Würmchen (hier als Hintergrund-Bild zu sehen) kommen normalerweise als Einlage in eine gute Suppe und brauchen nur ganz wenig cottura (Kochzeit) bis zum Idealzustand al dente. Genau dieser sollte für die fritta-Variante auf keinen Fall überschritten werden. Denn wenn die feinen Nudeln zu weich gekocht werden, verlieren sie jegliche Spannkraft und formen sich nach dem Panieren mit Ei und Semmelbröseln zu unappetitlichen Klumpen.

Mitekos von Syrakus

Manche Kulturhistoriker glauben, dass bereits gut 400 Jahre vor →Apicius, der allgemein als Verfasser des ältesten bekannten Kochbuchs gilt, das allererste kulinarische Buch entstanden sei.

In Schriften Platons (5./4.Jh.v.Chr.) und von Athenaios (2./3.Jh.n.Chr.) wird ein Handbuch der Küche zitiert, das Mitekos von Syrakus verfasst haben soll.

Originalschriften dieses Mitekos, der wohl ein Zeitgenosse Platons war, existieren allerdings nicht.