Ulis Culinaria

Sevilla

Beim Frühlingsspaziergang durch die Hauptstadt der südspanischen Region Andalucia steigt einem der Blütenduft in die Nase, der von mehr als 10.000 in den Straßen der Stadt angepflanzten Exemplaren des Baumes Citrus aurantium, der Bitterorange, verströmt wird. Die außerordentliche Präsenz, die man hier den herben Früchten des naranjo amargo, so die Bitterorange auf Spanisch, einräumt, hat ihnen die Bezeichnung

Sevilla-Orangen

eingebracht.

Die Stadt, wo die Orangen blüh'n

Orangenbaum , Catedral de Sevilla

Die Art, ist wohl, wie auch die süßere Orange oder Apfelsine, Ergebnis einer alten chinesischen Kreuzung von Citrus reticulata, der Mandarine, und Citrus maxima, der Pampelmuse. Eine etwas aus der Mode gekommene deutsche Bezeichnung lautet Pomeranze. Die nicht als Tafelobst geeigneten Früchte werden vorrangig zu Marmelade (→Dundee) verarbeitet, aber sie dienen auch, zusammen mit Blüten und Blättern des Baumes, zur Gewinnung von Extrakten für kosmetische, diätetische oder andere Zwecke. Aus den Blüten destilliert man agua und aceite de azahar, Blütenwasser bzw. –öl. Der Name kommt vom arabischen az-zahr, womit duftende Blüten gemeint sind. Das Destillat wird in der Medizin, bei der Parfümherstellung und in der Feinbäckerei verwendet. In Frankreich heißt es →fleur d’oranger. Die vergleichsweise dicke Schale wird zu Orangeat kandiert. Als Destillat verleiht sie Spirituosen wie dem Curaçao den typischen Geschmack.

Sevilla-Orange

Bitterorange

Der im Deutschen oder dem Französischen gebräuchliche Name Orange leitet sich übrigens vom arabischen närantsch ab. Die Zeit der arabischen Herrschaft auf der iberischen Halbinsel hat auch in Sevilla zahlreiche Spuren hinterlassen, in der Architektur, in der Begeisterung für Pferde und in kulinarischen Gewohnheiten. Auch die Bitterorangen brachten die maurischen Besatzer – zusammen mit den ebenfalls im Stadtbild stark vertretenen Dattelpalmen – im Mittelalter auf die spanische Halbinsel. Den arabischen Namen wandelten die Spanier zu naranja um. Im Italienischen wurde daraus arancia. Da die Gruppe der Orangenfrüchte aus China stammte, bekam sie zu deutsch den Namen Apfelsine, wörtlich chinesischer Apfel, noch besser erkennbar im niederländischen Sinaasappel. Die mittlerweile etwas veraltete Bezeichnung der Bitterorange als Pomeranze ist eine Verballhornung des lateinischen pomum aurantium, goldener Apfel.

..pasTapasTapasTapasTapasTapasTapa..

Lange bevor am Ende des 20.Jhs. der Begriff finger-food Einzug in die internationale Küchensprache gehalten hat, gehörte das, was damit gemeint ist, bereits zur spanischen Tradition. Die Stadt des Opernbarbiers von Gioachino →Rossini gilt als Hochburg des andalusischen Nationaltanzes Flamenco sowie der Tapas-Kultur. Diese hat ihren Ursprung in der Angewohnheit manchen bodega-Wirtes, zum Schutz vor Insekten ein Scheibchen Brot als Deckel (span. tapa) auf das Glas zu legen, aus dem der Stehgast am Tresen als Aperitif etwas vino, eine cerveza (Bier) oder einen Schluck jerez genoss. Zur Frage, wer wann wo zum ersten Mal diese sinnige Verbindung von Getränk und Häppchen kreierte, gibt es unzählige Antworten, ohne dass es bisher für eine von ihnen stichhaltige Beweise gäbe. Erste schriftliche Erwähnungen des Begriffs tapa in diesem Sinne stammen aus dem 16.Jh.

Im Laufe der Zeit wurde jedenfalls das Brot mal mit etwas Schinken, einem Stück Käse oder ein paar Oliven beschwert.

Dahinter steckt wohl auch die Erkenntnis, dass alkoholische Getränke in Begleitung von etwas Essbarem besser verträglich sind.

Der kastilische König Alfonso X. soll im 13. Jh. eine Krankheit durch eine besondere Diät überwunden haben, bei der er keinen Schluck Wein ohne ein dazu passendes Häppchen zu sich nahm.

Das ist sicher nicht die unangenehmste Form einer Diät, oder …?

Heute gibt es im ganzen Land eigene Tapa-Bars, die eine immense Palette an kleinen Köstlichkeiten anbieten. Serviert werden sie aber meist nicht mehr wirklich als Glasabdeckung, sondern auf separaten Tellern.

Traditionell gab es die Tapas zum Getränk gratis. Inzwischen haben sie sich derart verselbständigt, dass sie auch einen eigenen Posten auf der Rechnung darstellen. Kein Spanier käme jedoch auf den Gedanken, sich in einer Tapa-Bar satt zu essen. Zur Hauptmahlzeit geht man in ein Restaurant oder nach Hause. Im Spanischen hat sich das Verb tapear herausgebildet, womit gemeint ist, dass man quasi im Vorbeigehen etwas Kleines zu sich nimmt.

Tapas-Bar

Orientiert an den jeweiligen regionalen Lebensmittelspezialitäten haben sich unterschiedliche Tapa-Varianten auf der iberischen Halbinsel entwickelt. Eine besonders kreative und eigenständige Form bieten die nordspanischen Basken, beispielsweise in →Donostia, mit ihren pintxos.

Der Tapa-Brauch hat sich längst internationalisiert, manchmal als eher modischer Trend. Praktisch keine Großstadt mehr ohne mindestens einen Gastronomen, der die spanischen Häppchen (mehr oder weniger authentisch) anbietet.