Ulis Culinaria

Schmölln

Die kleine Stadt im thüringischenAltenburger Land, im flachen Tal der Sprotte,hat sich kulinarisch beim Deutschen Patent- und Markenamt eingetragen: Der Schmöllner Mutzbraten ist dort als Marke geschützt.

Ein Mutz ist für die Altenburger eigentlich jedes schwanzlose Tier. Aber schauderliche bis lustige Geschichten erzählt man sich von dem in der Wildnis des Thüringer Holzlandes lebenden Mutz, einem geheimnisvollen Wesen mit den Eigenschaften verschiedenster Tiere. Ähnlich geheimnisvoll wie das Elwedritsche im Pfälzerwald oder der Wolpertinger im Bayerischen. Allerdings wesentlich weniger gefährlich, eher eine sprichwörtlich eierlegende Wollmilchsau.

Da der Mutz leider vom Aussterben bedroht ist, wird er fast nicht mehr gejagt. Zu seinem Schutz hat sich 1990 sogar der Unnütze Verein der Freien Mutzfänger Thüringen gegründet. Das ist doch wirklich fabelhafter Tierschutz!

Schmöllner Mutzbraten

Das Tal der Sprotte, Lebensraum der Mutze

Als Ersatz für den Mutz als Braten ignorieren die Altenburger nun halt das Ringelschwänzchen des Schweines, schneiden halbpfundgroße Stücke aus Schulter und Kamm und marinieren sie mit Majoran, Salz und Pfeffer.

Anschließend werden die Brocken auf dem Spieß über der Glut von Birkenholz rund zwei Stunden gebraten, um dann mit kräftigem Landbrot und Sauerkraut verspeist zu werden. Das Fleisch sollte gut durchwachsen sein. Einerseits verhindert das Fett ein Austrocknen, andererseits transportiert es als Geschmacksträger das Aroma des Birkenholzrauches.

Zu DDR-Zeiten haben sich die Schmöllner meist in höchst kreativem Eigenbau Mutzbratenstände gebastelt, Grillvorrichtungen, an denen die Fleischspieße zunächst von Hand, später mit Elektromotoren gedreht wurden. Da wurde auch gerne mal der Motor eines Trabant-Scheibenwischers zum Grill-Dreher. Heute gibt es professionelle, mehrspießige Geräte, in denen das Birkenholz in vertikalen Gittern glimmt, sodass der Braten nicht über, sondern vor der Glut gart. Das Fett wird in Schalen aufgefangen und vor dem Servieren über das Fleisch geträufelt. 

Zur Hebung des Geschmacks gibt es zum Mutzbraten eventuell noch einen Klacks Senf – wahrscheinlich den aus der unmittelbar angrenzenden Senf- und Skatstadt →Altenburg.

Der Zweitname Knopfstadt weist auf ein Gewerbe hin, das seit der Mitte des 19.Jhs. vielen Bürgern von Schmölln als Broterwerb diente. Seinerzeit nahm eine erste Knopffabrik ihren Betrieb auf. Neben Horn dienten – eine Besonderheit! – vor allem die harten Früchte der mittelamerikanischen Steinnuss-Palme (oder Tagua-Nuss) als Rohmaterial. Sie sehen aus wie helle Kieselsteine und lassen sich bearbeiten wie Elfenbein, weshalb sie im Englischen plant ivory, pflanzliches Elfenbein, genannt werden. Die Knopfindustrie spielt zwar heute keine große wirtschaftliche Rolle mehr, aber im Knopfmuseum bleibt dieser Teil der Stadtgeschichte lebendig. Vor dem Museum wird der Besucher von einer überdimensionierten Tagua-Nuss begrüßt, künstlerisch gegossen in Bronze.

Knopfstadt Schmölln

Tagua-Nüsse