Ulis Culinaria

Sankt Gallen

Die Region um die Hauptstadt des schweizerischen Kantons gleichen Namens wird liebevoll auch Bratwurstland genannt. Die St. Galler Bratwurst ähnelt, da das Brät mit Milch angesetzt wird, in Farbe und Konsistenz der Weißwurst aus →München und muss genau 160g wiegen. Allerdings wird sie nicht in Wasser erhitzt, sondern ihrer Bezeichnung entsprechend gebraten oder gegrillt. Im Unterschied zu München gilt hier der Einsatz von Senf als Sakrileg, als Beleidigung des Metzgers. Allenfalls Brot oder Rösti werden auf dem Teller geduldet. Ansonsten isst man sie, wie anderswo auch, am bequemsten als handliche Mahlzeit im Brötchen.

Sankt Galler Bratwurst

Das feingecutterte Brät besteht aus Fleisch vom Schwein und vom Kalb, gemischt mit Schweinespeck. Beträgt der Kalbsanteil mindestens 50%, darf die Wurst als

St.Galler Kalbsbratwurst

angeboten werden. Neben der vorgeschriebenen Würzung mit Macis (Muskatblüte), Salz und weißem Pfeffer kann jeder Metzger seiner Bratwurst individuelle Geschmacksnoten verleihen. Wenn diese Mindestanforderungen erfüllt sind, ist die Bezeichnung seit 2008 nach schweizerischem Recht für vier ostschweizerische Kantone als →g.g.A./IGP geschützt. Dieser nationale Namensschutz entspricht weitgehend den gleichnamigen EU-Auszeichnungen.

Da die Wurst ihre Bekanntheit u.a. der Präsenz auf der Ostschweizer Land- und Milchwirtschafts-Ausstellung verdankt, ist sie auch als

OLMA-Bratwurst

bekannt. Die Messe wurde 1943 ins Leben gerufen, um die schweizerische Landwirtschaft zu fördern und damit die Abhängigkeit der Eidgenossen von Lebensmittelimporten zu bekämpfen. Seitdem findet sie jährlich in Sankt Gallen statt. Die elf Messetage liegen um den 16. Oktober, den Namenstag des Stadtheiligen Gallus.

St.Galler Kinderfest-Bratwurst

Dieser irische Wanderprediger begann Anfang des 7.Jhs., die hier lebenden Alemannen zum christlichen Glauben zu bekehren. Er lebte ab 612 in einer Einsiedelei, aus der später das einflussreiche Kloster Sankt Gallen entstand. Den Schülern der angegliederten Klosterschule wurde seit dem 9.Jh. durch päpstiches Dekret ein wöchentlicher schulfreier Tag zur Erholung und für Spiel und Spaß gegönnt, damals ein ungewöhnliches Zugeständnis.

Diese Tradition wurde 1824 aufgegriffen: seitdem findet im Drei-Jahres-Rhythmus das St. Galler Kinderfest statt. Und für die mehreren Zehntausende Kinder, die bei Spiel, Sport und verschiedensten künstlerischen Darbietungen natürlich hungrig werden, binden die städtischen Metzger eine etwas kleinere Version der städtischen Wurstspezialität als St. Galler Kinderfestbratwurst ab.

Aber für besonders hungrige Kinder gibt es eine Variante, die sogar noch größer ist als die 160g-Standardwurst …!