Ulis Culinaria

Pulsnitz

Die Tradition der Pfefferküchlerei in der sächsischen Stadt reicht bis in die Mitte des 16.Jhs. zurück. Anfangs gehörten die Lebkuchen zum Sortiment der normalen Bäckereien. Da sie aber nicht, wie anderswo, nur zu bestimmten Festtagen gebacken wurden, entstanden aufgrund der wachsenden und ganzjährigen Nachfrage eigenständige Betriebe, die sich auf die Pfefferküchlerei spezialisierten. Einige von ihnen erlangten gar den Status von Hofbäckern für diverse regionale Herrschaftshäuser. Seit Mitte des 17.Jhs. waren die Pulsnitzer Pfefferküchler auf dem Striezelmarkt im 25km entfernten →Dresden vertreten. Die Dresdner Kollegen versuchten mehrmals vor Gericht, die starke und deshalb ungeliebte Konkurrenz loszuwerden, aber meist erfolglos.

Pulsnitzer Pfefferkuchen

Pulsnitzer Spitzen

Zusätzliche Impulse brachte ein Pulsnitzer Bäcker, nachdem er in den 1740er Jahren in Thorn (→Toruń) gearbeitet hatte, in seine Heimatstadt mit. Deshalb gibt es in Pulsnitz manche Namensgleichheit mit Thorner Lebkuchenvarianten. Solche aufwändigen Thornschen Sorten waren zeitweise nach der Zunftordnung Teil der Arbeit, die zur Erlangung des Meisterbriefes präsentiert werden musste. Unter dem heute geschützten Namen Pulsnitzer Pfefferkuchen sind verschiedenste Lebkuchensorten vereinigt, von Pflastersteinen über diverse Gebildebrote bis zu Honigkuchen oder Alpenbrot.

Das wichtigste Produkt sind jedoch seit jeher die mit Schokoade überzogenen und meist fruchtig gefüllten Pulsnitzer Spitzen. Darüber hinaus bietet jede der heute noch bestehenden neun Pfefferküchlerein eine hauseigene Spezialität an. Und alle haben für den Teig auf Basis von Weizen- und Roggenmehl, Zuckersirup und Honig natürlich eine spezielle und über Generationen geheimgehaltene Gewürzkombination, (darunter in jedem Fall die für die Gattung typischen Gewürze wie der namensgebende Pfeffer, Muskat, Kardamom, Zimt und Macis), die ihre Lebkuchen besser macht als die der Konkurrenten. Gemeinsam präsentieren die Betriebe ihr Sortiment auf dem Pulsnitzer Pfefferkuchenmarkt im November. Wie in anderen Lebkuchenstädten wie →Nürnberg oder →Aachen wird auch in Pulsnitz Gebäck hergestellt, dass zur Bindung und Würzung von Bratensaucen gedacht ist, hier nennt man es Sächsischer Soßenpfefferkuchen.

In einem als Demonstrations-Backstube gestalteten Museum kann man sich selbst in der Kunst der Pfefferküchlerei versuchen, wobei dem Kurzzeitlehrling zahlreiche historische Gerätschaften und Gebildeformen, die sog. Modeln, zur Verfügung stehen.

Ein für die Tradition der Pfefferküchlerei typisches Werkzeug ist die Brechbank mit ihrem dicken, gezackten Holzhebel. In Pulsnitz wird der Lebkuchenteig zum Gären länger gelagert als anderswo. Manchmal verbringt er mehrere Jahre an einem kühlen Ort, bevor er weiterverarbeitet wird.

Dann ist die Teigmasse so fest und zäh, dass sie auf der Brechbank zunächst durchgewalkt, aufgebrochen werden muss. Volumen und Lockerheit gewinnt der Teig durch Zugabe von Pottasche oder Hirschhornsalz als Triebmittel.