Ulis Culinaria

Pavia

Im Jahr 1525 wurde François Ier, König von Frankreich, während der Schlacht bei Pavia in der norditalienischen Lombardia am Ufer des Ticino gefangengenommen. Um den prominenten Gefangenen zu verköstigen, wurde er von den Truppen seines italienischen Amtskollegen Carlo V. in einen nahen Bauernhof geleitet.

Zuppa alla pavese

Die arme Bäuerin, von der Situation überrascht, konnte nur auf das zurückgreifen, was sie gerade in ihrer Küche hatte: Sie röstete Scheiben von altbackenem Brot, gab ein paar rohe Eier darüber und übergoss beides mit heißer Hühnerbrühe, schließlich rieb sie noch etwas Käse dazu, wahrscheinlich von dem aus →Parma.

Zuppa alla pavese

Die hiermit spontan erfundene

Zuppa alla pavese

mundete dem prominenten Gefangenen derart, dass er das Rezept nach fast einjähriger Haft von Italien mit an seinen Hof nahm und so der Nachwelt als italienischen Küchenklassiker vermachte. Im Französischen löffelt man die Brühe als soupe à la pavoise. Wie bei so manchem anderen Kochrezept gilt auch hier: Not macht tatsächlich erfinderisch!

Aus altbackenem Brot wird in vielen Ländern eine knusprig braune Süßspeise zubereitet, die man im Deutschen als rostige oder arme Ritter bezeichnet (→Madrid). Das Gebäck wird in Scheiben geschnitten, in Milch oder andere Flüssigkeit getunkt, in der Pfanne gebraten und mit Zucker und Zimt oder, wie schon von →Apicius empfohlen, mit Honig gesüßt.

Pavese - Bavese - Pofese

Eine ältere deutsche Namensgebung für diese schmackhafte Resteverwertung lautet Bavesen oder Pofesen, was sprachlich auf den Pavese zurückgeführt wird. Dies war der ovale, manchmal rechteckige braune Holzschild, der im Mittelalter den Bogenschützen aus Pavia zur Verteidigung gedient hat.