Ulis Culinaria

Pantelleria

Der Ort auf dem gleichnamigen Vulkan-Inselchen liegt fast 120km südwestlich von Sizilien entfernt, aber nur knapp 70km vor der nordafrikanischen Küste von Kéliba (Tunesien). In dem warm-maritimen Klima gedeiht der Cappero di Pantelleria (→IGP 1996 und SF). Der Kapernstrauch Capparis spinosa ist seit jeher im ganzen Mittelmeerraum beheimatet. Die auf Pantelleria gedeihende Varietät wird nocellara genannt.

il Cappero di Pantelleria

Die tropfenförmigen Blütenknospen des Kapernstrauches sind roh ungenießbar, da sehr bitter. Die salamoia, die Meersalzlake mit Essig, in der die Knospen in rund drei Wochen zur Kaper reifen, wandelt die Bitterstoffe in ein delikates, fruchtig-säuerliches Aroma um. Pantelleria gehört zur sizilianischen Provinz →Trapani, von dort kommt auch das für die Salamoia verwendete sale marino. Die Methode, die ungeöffneten Blüten mittels Meersalz zu einer würzigen Speisenzutat zu verarbeiten, wurde schon in der Antike praktiziert. Neben dem geschmacklichen Wert wurde ihnen damals auch heilende und aphrodisierende Wirkung nachgesagt. Im Kochbuch von →Apicius werden capparis für sala cattabia empfohlen, eine Sülzspeise. In manchen Ländern am Mittelmeer werden auch die Kapernäpfel, die voll ausgebildeten, kirschgroßen Früchte des Strauches, sowie die Blätter mit Salz- und Essiglake zum würzigen Lebensmittel umgewandelt.

Eine Faustregel besagt, je kleiner die Kaper, desto besser ihr Geschmack und ihre zarte Konsistenz. Im Fachhandel werden die kleinsten Knospen französisch als nonpareilles (ohnegleichen) bezeichnet.

Kapern (links Äpfel, rechts Knospen)

Seit dem 19.Jh. werden die Kapern von Pantelleria in der botanischen und kulinarischen Fachliteratur wegen ihres besonderen Wohlgeschmacks immer wieder lobend erwähnt. Manche Ecke des Eilandes ist geprägt von den steilen, von Trockenmauern gestützten Terrassen, auf denen sich die dornigen Sträucher wie Bodendecker flach auf die Erde ducken. Wegen dieser schwierigen Bedingungen und weil die Blüten das geeignete Stadium nicht gleichzeitig erreichen, erfolgt die Ernte in reiner Handauslese.

Die fertigen Kapern werden als Vorspeisen-Häppchen oder in Salaten genossen, bilden aber auch eine geschmacksintensive Zutat zum berühmten vitello tonnato, einem italienischen Küchenklassiker aus feinen Kalbsbratenscheiben mit kalter Thunfischsauce. 

vitello tonnato

Auf keinen Fall sollte man Kapern jedoch mitkochen, da sonst ihr Aroma verfliegen würde. Deshalb werden sie auch bei der caponata, einem für Sizilen typischen, kalt servierten Gericht aus geschmortem Gemüse, erst am Schluss beigefügt. Die Caponata, im lokalen Dialekt sciakisciuka,(vgl. →shakshuka!) ähnelt der französischen →ratatouille, wobei diese ohne Essig zubereitet wird. 

Vitello tonnato

Insalata pantesca

Caponata

Wenn jemandem ein dummer Fehler unterlaufen ist, wird er, besonders in Norditalien, schon mal als

cappero!

beschimpft.

Auf Pantelleria bereitet man die Insalata pantesca zu, einen erfrischenden Salat aus Tomaten, gekochten Katoffeln, schwarzen Oliven, Oregano und Zwiebelringen (am liebsten die cipolle rosse aus →Tropea), angemacht mit Rotweinessig und Olivenöl. Und natürlich reichlich Capperi di Pantelleria!

Eine weitere für ihre guten Kapern berühmte Vulkan-Insel ist die Isola di Salina. Das Eiland im Äolischen Archipel nördlich von Sizilien ist zwar nur gut 24km² klein, stellt aber gemeinsam mit Pantelleria immerhin über 90% der italienischen Kapernernte.