Ulis Culinaria

Paimpol

In dem bretonischen Städtchen an der Côte d’Armor (bretonisch für Küste des Landes am Meer) wird eine Bohnensorte (Phaseolus vulgaris) angebaut, die als

Coco de Paimpol

auf dem Markt zu finden ist. Erste Sämlinge der strohgelben, ganz zart violett marmorierten Schoten brachte 1928 ein Matrose der Marine Nationale aus Argentinien in die Bretagne mit. Zunächst nur in privaten Gärten angebaut, werden heute im Landstrich Trégor-Goëlo jährlich rund 8.000t der Bohne geerntet.

Coco de Paimpol

Sie hat als erstes frisches, d.h. nicht weiterverarbeitetes Gemüse Frankreichs 1998 eine →AOC erhalten, 1999 folgte die Anerkennung durch die EU als AOP. Damit wurden die rein-weißen haricots für ihre Zartheit geehrt, die vom Erntezeitpunkt bestimmt wird. Die Schoten werden hauptsächlich im August und September gepflückt, bevor die Bohnen in ihrem Inneren völlig getrocknet sind. Dieser Zustand wird als demi-sec (halbtrocken) bezeichnet und macht sie z.B. auch bei →Cassoulet-Köchen sehr beliebt.

Die cocos werden als Frischgemüse in ihren Schoten vermarktet, um weiteres Austrocknen zu verhindern. So haben sie eine kürzere Garzeit und sind leichter verdaulich als getrocknete Artgenossen, die vor der Zubereitung lange eingeweicht werden müssen. Natürlich werden sie auch gerne als Beilage zu allem gereicht, was die bretonischen Fischer aus dem Meer mitbringen. Und nicht zuletzt zum würzigen Fleisch der Lämmer, die ringsumher auf den →prés salés an der bretonischen Küste weiden.

Während der Hungerzeiten des Zweiten Weltkrieges trugen die nahrhaften Bohnen aus Paimpol wesentlich zum Überleben der hiesigen Bevölkerung bei. Nach dem Krieg entwickelte sich der Anbau so gut, dass die Ernte auch überregional vermarktet werden konnte. 2000 wurde die Confrérie du Coco de Paimpol gegründet, die den guten Ruf der zarten Hülsenfrüchte wahrt sowie mit Festen, Messepräsentationen und anderen Maßnahmen weiter verbreitet.

Noch heute ist die Ernte weitgehend Handarbeit. Mit einer Handbewegung, die an das Rupfen von Geflügel erinnert, pflücken die plumeurs die Bohnen von den zuvor gemähten Stauden. Die Tätigkeit wird mit plumer (für rupfen, von la plume, die Feder) bezeichnet. Früher wurde diese Saisonarbeit im Akkordlohn bezahlt, also abhängig von der gepflückten Menge. Als gute Tagesleistung galten 150kg. Erst im Mai 2017 wurde auf Druck der Gewerkschaften ein fester Stundenlohn eingeführt.

Die Bezeichnung coco ist wohl eine verniedlichende Form von haricot.

Mit coco meinen französische Kinder aber auch ein Ei, womit die ovale Form der Samen aus Paimpol gemeint sein könnte, die sie von der Nierenform der meisten anderen Bohnensorten unterscheidet.

Ein Liebling, ein Schätzchen, aber auch ein liebenswerter Schuft wird gerne mit mon coco angesprochen, was ja ebenfalls zu dem zarten Gemüse passen würde.

Die bekannteste Trägerin des Kosenamens ist sicher die französische Mode-Ikone Coco Chanel.

Im Französisch-Wörterbuch steht coco als Kurzform für die noix de coco, die Kokosnuß.