Ulis Culinaria

Nyons

Olivenbäume der Sorte Tanche widerstehen Frösten von bis zu minus 10°C und werden deshalb in der französischen Gemeinde im alpinen Rhônetal (Region Auvergne-Rhône-Alpes) angebaut, dem nördlichsten gewerblichen Olivenanbau in Europa. Das →Musée de l’Olivier in Nyons zeigt, dass diese robuste Sorte von Olea europaea seit Einführung der systematischen Olivenkultur durch die antiken Römer in der Region heimisch ist.

Olives noires de Nyons

Auch bei Ausgrabungen einer römischen villa aus dem frühen 1.Jh. wurde eine antike Ölmühle mit entsprechenden Hinweisen gefunden. Im Mittelalter wurde die Tanche in den Baronnies, der historischen Region um Nyons, immer weiter an die harten klimatischen Bedingungen angepasst, sogar soweit, dass Bäume dieser Sorte in wärmeren Gefilden keine Früchte mehr tragen. Trotzdem vernichtete ein extrem strenger Winter 1955/56 den größten Teil der Bäume. Die freigewordenen Flächen wurden teilweise zu Obstplantagen (v.a. Aprikosen) oder zu Weinbergen umfunktioniert, Nyons gehört zum großen Weinbaugebiet der Côtes-du-Rhône.

Huile d'Olive de Nyons

Aber nach ungeheuren Anstrengungen der örtlichen Olivenbauern werden heute wieder die

Olives noires de Nyons

geerntet, aus denen das

Huile d’Olive de Nyons

kaltgepresst wird (vierge-extra), beide seit 1997 durch →AOP-Siegel geschützt.

Nach der Ernte im Dezember werden die Oliven nach Größe und Qualität sortiert. Kleine und beschädigte Früchte wandern in die Ölmühle. Große, makellose Oliven mit →vollreifer Schwärze werden in Salzlake konserviert und als kulinarisch vielseitig verwendbare Tafeloliven im Glas verkauft. Ebenfalls genussfertig erhält man eine Olivencreme, die affinade genannt wird und auf geröstetem Brot oder in vielen kalten und warmen Gerichten vollen Olivengeschmack bietet. Im Unterschied zur tapenade (→Nîmes) mit Anchovis, reichlich Knoblauch und anderen Zutaten enthält die Affinade nur Oliven (90%) und Olivenöl (10%), beide natürlich von der AOP-Sorte Tanche aus Nyons.

Der Oliven-Renaissance verdankt auch die letzte traditionelle scourtinerie Frankreichs ihr Überleben. Scourtins sind die runden, manchmal taschenartigen Filtermatten, zwischen denen das Öl aus den zu Brei gemahlenen Oliven gepresst wird. Diese Matten bestanden ursprünglich aus pflanzlichen Fasern, heute meist aus synthetischem Material. In der Manufaktur in Nyons werden die scourtins noch aus Kokosfasern geflochten. Zum Überleben des kleinen Familienbetriebs in vierter Generation trägt die Herstellung von Scourtins  in mehreren Größen und bunt gefärbt als Teppich, Fußabtreter, Tischset und zu anderen Zwecken bei. Touristen nehmen diese Artikel gerne als nützliche Souvenirs mit.

Scourtins aus Kokosfasern ...
... in der Presse gestapelt