Ulis Culinaria

Nürnberg

Bestellt man in der fränkischen Dürerstadt drei im Weggla, bekommt man die straßenhandelsübliche und handgerechte Menge von drei Nürnberger Rostbratwürsten mit Senf zwischen zwei Brötchenhälften. Als Tellergericht im Restaurant wird die majoranwürzige kleine Bratwurst im Schafsaitling sechser- oder dutzendweise mit Brot oder Brezel und Senf oder auf einem Berg dampfenden Sauerkrautes serviert, wobei dann oft der Senf durch frisch geriebenen Kren (Meerrettich) ergänzt oder ersetzt wird. Eine erste Festschreibung der Rezeptur für das fein zerkleinerte Schweinebrät sowie der geringen Länge von maximal 9cm wurde schon 1497 vom Nürnberger Stadtrat verfasst.

Die Größenbeschränkung hat den Vorteil, dass beim traditionellen Braten über Buchenholzglut die Raucharomen bis ins Innere des Bräts vordringen. 

Nürnberger Rostbratwurst

klein, aber immer in Grüppchen

1998, für die EU-Zertifizierung als →g.g.A., wurden erneut Qualitätsmerkmale verbindlich formuliert. Das g.g.A.-Siegel bekommen die Würstchen nur, wenn sie aus der Stadt selbst oder aus ausgewählten Metzgereien im Umland stammen. Wenn sie nicht gegrillt oder gebraten, sondern, wie die Weißwürstchen in →München, in Brühe mit Essig sanft erhitzt werden, kommen sie als saure Zipfel auf den Teller.  Ein unübersehbares Merkmal der Nürnberger Rostbratwürste ist ihre geringe Größe: gerade einmal 25g bei einer Länge von 7 bis 9cm bringen sie auf den Teller.
saure Zipfel
histor. Bratwurstküche "Zum Gulden Stern"
Im November 2021 eröffnete der →Schutzverband Nürnberger Rostbratwürste e.V. am Trödelmarkt das Nürnberger Bratwurstmuseum. Dort erfährt man – neben allerlei Stationen aus der im 14.Jh. beginnenden Wurst-Historie – auch den Grund für die geringen Ausmaße der Nürnberger Würstchen: Während in Notzeiten die Metzger anderer Regionen auch minderwertigere Teile des Schweins verwursteten, ordnete der Nürnberger Stadtrat an, die Qualität müsse beibehalten werden! Dafür machte man sie halt etwas kleiner.

Nürnberger Lebkuchen

Die gleiche geografische Einschränkung gilt seit 1996 für die g.g.A. Nürnberger Lebkuchen, die vor allem auch bei Kindern so beliebt sind wie die Spielwaren, für die es in Nürnberg ein eigenes Museum sowie die weltweit größte Fachmesse gibt.

Die Lebkuchen aus Nürnberg sind fast ein Synonym für die gesamte Gebäckgattung, zu der z.B. auch die →Aachener Printen, die →Basler Läckerli oder die →Liegnitzer Bombe gehören.

Die Nürnberger Lebkuchentradition besteht mindestens seit 1395, aus diesem Jahr stammt jedenfalls eine erste schriftliche Erwähnung des Berufsstandes der Lebküchner.

Die auch Lebzeltner genannten Bäcker profitierten von der Lage Nürnbergs am Schnittpunkt mehrerer Handelsstraßen, auf denen u.a. die Pfeffersäcke mit den für den Pfefferkuchen typischen orientalischen Gewürzen unterwegs waren.

Und Zeidler, die den Honig von Wildbienen ernteten, gab es ebenfalls zuhauf in der Gegend.

Elisen-Lebkuchen

In der Regel werden sie in runder oder rechteckiger Form auf Oblaten gebacken, damit sie sich leicht von der Backunterlage lösen. Unter den Nürnberger Lebkuchen nehmen wiederum die →Elisen-Lebkuchen eine Spitzenposition ein. Deren Gehalt an gemahlenen Ölsamen (Haselnüssen, Mandeln und/oder Walnüssen) beträgt mindestens 25, manchmal gar 38%, Mehl darf höchstens zu 10% in den Teig. Entweder bleibt die Oberfläche natur, also unbehandelt, oder sie wird mit Kuvertüre schokoliert. Eine weitere Alternative ist Zuckerglasur.

Auch in Nürnberg wird Lebkuchen gerne zum Würzen und Binden von kräftigen Bratensaucen verwendet. Hierfür findet man im Handel speziell gebackenen Soßenlebkuchen, der deutlich weniger Zucker enthält, aber alle arttypischen Gewürze wie Kardamom, Koriander, Nelken, Ingwer, Zimt, Anis u.a. mehr. Somit gleicht er weniger den feinen Elisen-Lebkuchen als einem deftigen Pfefferbrot oder den Aachener Printen. Auch an Blaukraut, das in Süddeutschland gerne zu geschmortem Fleisch serviert wird, reibt man das würzige Gebäck, weshalb es auch Reibelebkuchen genannt wird.

Natürlich findet man die Nürnberger Lebkuchen in allen Formen auch auf dem Nürnberger Christkindlesmarkt, einem der beliebtesten Weihnachtsmärkte Deutschlands.

Nürnberger Gwerch

Der fränkische Dialekt-Begriff Gwerch könnte etwas wild, chaotisch Durcheinandergemischtes bezeichnen, wie das Werch oder Werg, das als Abfall beim Herstellen von Leinen- oder Hanfgewebe anfällt. Oder er meint etwas nicht ganz fachgerecht Zusammengewerkeltes. Kulinarisch jedenfalls stellt Nürnberger Gwerch einen Ochsenmaulsalat dar, der, je nach Familientradition, mit verschiedenen Metzgereiprodukten wie Presssack und anderen Wurstsorten erweitert wird. Manchmal kommen noch Essiggurke, Käse, gekochte Eier u.a. hinzu, angemacht wird das Gwerch jedenfalls meist recht sauer mit Essig und Öl. Dazu am besten ein kräftiges Brot.

Knoblauchsland

Im Dreieck Erlangen-Nürnberg-Fürth liegt das

Knoblauchsland.

Der Name wurde dem fruchtbaren Gebiet bereits im 15.Jh. wegen des hier gepflegten Zwiebelanbaus verpasst. Der Knoblauch selbst spielt unter den vielen Arten von Wurzel-, Blatt- und Fruchtgemüsen, die hier ebenfalls prächtig gedeihen, keine herausragende Rolle. Kulinarisch macht sich der Landstrich in den letzten Jahren durch verstärkte biologische Anbautechniken einen Namen.

Kleine – und große! – Kinder haben nicht nur am Lebkuchen ihre Freude. Das Nürnberger Spielzeugmuseum weist die Stadt als altes Zentrum der Spielwaren-Herstellung aus. 
Und Kunstfreunde können mit einem Rundgang durch das Albrecht-Dürer-Haus den wohl bekanntesten Sohn der Stadt beehren, der hier zu Beginn des 16.Jhs. gelebt und gearbeitet hat.

Mehr kulinarisches Wissen vermittelt das 1857 erschienene Buch

Die wohlunterrichtete Nürnberger Köchin

oder

Anweisung, die Speisen auf das Billigste und Schmackhafteste zuzubereiten