Ulis Culinaria

Nantes

ist die Hauptstadt der Region Pays-de-la-Loire. Die Länder der Loire umfassen die fünf Départements am Unterlauf des längsten Flusses Frank-reichs, bevor er bei Saint-Nazaire, wenige Kilometer westlich von Nantes, in den Atlantik mündet.

Diese Landschaft hat davon profitiert, dass die Loire im Vergleich zu den meisten an-deren Flüssen nur sehr wenig vom Menschen in ihrem Lauf beeinträchtigt wurde. Des-halb ist z.B. der Fischreich-tum der Loire und ihrer Ne-benflüsse seit jeher ein we-sentliches Element der regio-nalen Küche. 

Und auf den Schwemmland-böden finden Gemüse- und Obstpflanzen alles, was sie zum Gedeihen brauchen. So werden z.B. mehr als drei Viertel des gesamten franzö-sischen Feldsalats (mâche) auf den sandigen Böden im Mündungsgebiet der Loire angebaut. Angemacht mit einer klassischen vinaigrette wäre er auch sicher ein guter Begleiter der folgenden beiden Gerichte.

Pays de la Loire

fruchtbares Land an gesundem Fluss

Brochet à la nantaise

Bei →Bocuse findet man ein Rezept für Brochet à la nantaise au beurre blanc. Ein in Fischfond pochierter Hecht wird mit einer cremigen Butter-Schalotten-Sauce überzogen.

Dieser Saucenklassiker wird auch als Beurre nantais bezeichnet. Im internatio-nal gebräuchlichen Küchenfranzösisch kennt man ihn als beurre blanc, weiße Butter(sauce). Weißwein und Essig werden mit feinstgehackten Schalotten stark reduziert, wobei letztere keine Farbe bekommen dürfen, also weiß bleiben. Mit dem Schneebesen und im →bain-marie wird langsam gesalzene Butter (beurre demi-sel) eingearbeitet, bis die helle, cremige Sauce entsteht.

Beurre Nantais

Steinbutt mit beurre blanc

Wie bei so manchen kulinarischen Erfin-dungen soll auch hier ein küchentechni-sches Missgeschick zugrunde gelegen haben:

Der Koch eines Restaurants hatte wohl bei der Zubereitung einer sauce béarnaise erst die Eigelbe und dann auch noch den ge-hackten Estragon vergessen. Da das Re-staurant nur wenige Kilometer von Nantes entfernt war, bekam das Ergebnis den Namenszusatz nantais. Und in der Gegend um Nantes spricht man auch von der beurre raté, der missratenen Buttersauce. Unter welchem Namen auch immer: sie passt hervorragend zu Fisch, nicht nur aus der Loire, oder zu feinem Gemüse wie asperges, weißem oder grünem Spargel. Und sie lässt sich als Grundsauce vielfältig abwandeln durch diverse Kräuter, Senf, Meerrettich und andere Geschmacksgeber.

Lard nantais

Côte nantaise

Canard de Nantes

Ein deftiges Bratengericht ist der Lard nantais, eine Komposition aus Schwarte, Leber, Lunge, Milz und Koteletts vom Schwein, die mit reichlich Zwiebeln und Lauch im Ofen geschmort wird.

Französisch lard bedeutet Speck, was sich auf den Fettrand der côtes de porc und auf die couenne, die Schweineschwarte bezieht. Das Mahl wird auch als lard du dimanche bezeichnet: Es galt früher als Sonntagsessen in Arbeiterfamilien, die die fertige Zusammenstellung von Fleisch und Innereien beim Metzger einkauften. 

Und da die Schweinekoteletts, die manch-mal auch als zusammenhängendes carré gebraten werden, die Hauptzutat darstel-len, genießt man sie auch als Côte nan-taise. Das Gericht ist auch in der Bretagne nördlich von Nantes sehr verbreitet.

Eine halbwilde Entenrasse, der Canard de Challans, wird auch unter dem Namen Canard de Nantes gehandelt, was wohl an der geografischen Nähe der beiden Städte liegt.

Berlingots Nantais

Gâteau nantais

Ortsansässige Zuckerbäcker nutzten den aus der Karibik im Nantaiser Hafen an-kommenden Rohrzucker zur Herstellung der Berlingots Nantais, mit verschiedenen Geschmacksrichtungen parfümierte tetraederförmige Zuckerbonbons. Diese verdanken ihren Namen eventuell einem im Französischen berlingot genannten te-traederförmigen Behältnis, das oft aus Leder bestand und z.B. als Geldbeutel diente. Bei den Bonbons entsteht die Form, wenn von dem heißen, noch form-baren runden Zuckerstrang in kurzen Ab-ständen Stückchen mit der Schere schräg abgeschnitten werden und nach jedem Schnitt der Strang um 90° gedreht wird.

Dies ist allerdings nur eine von mehreren Erklärungen des Begriffs berlingot. Eine ganz andere vertritt man beispielsweise in →Carpentras.

Und ein Kuchen, dessen Teig zu gleichen Teilen aus den vier Zutaten Mehl, Zucker, Butter und Eiern besteht, wird in Frank-reich als quatre-quarts bezeichnet. Ein solcher Vier-Viertler, mit gemahlenen Mandeln bereichert, mit Vanille aromati-siert und nach dem Backen mit reichlich Rum getränkt, ist als Gâteau nantais gern gesehener Gast bei jedem Kaffeekränz-chen. Die Oberfläche wird bedeckt mit einer weißen Glasur aus Puderzucker und Rum. Heute weicht die Teigmischung häufig, um das Gebäck etwas leichter zu machen, mit weniger Butter und Eiern vom quatre-quarts-Prinzip ab, was aber den Genuss nicht wesentlich mindert. Am besten schmeckt der Kuchen einen Tag nach dem Backen, wenn er schön vom Rum durchzogen ist. Seit der Gründung der französischen Kolonien in der Karibik kamen von dort die wichtigsten Zutaten im Hafen von Nantes an: Rohrzucker, der aus Zuckerrohr gebrannte Rum und die kostbare Bourbon-Vanille.