Das Städtchen, nur wenige Kilometer vom Fluss entfernt in der nördlichen Poebene in der lombardischen Provinz Pavia gelegen, bietet eine ganz spezielle Kochwurst an:
Die
Salame d’Oca di Mortara
(→IGP 2004).
Platanen und Reisfelder –
typisches Bild in der Lomellina
Seit jeher stellten Juden in Mortara einen erheblichen Bevölkerungsanteil. Schon im 15.Jh. wurde diese Wurst produziert, damals noch, jüdischen Koscher-Regeln folgend, rein aus Gänsefleisch (it. oca = Gans). Von dieser Tradition ist bis heute geblieben, dass die Metzger das Salamibrät in handvernähte Hüllen aus Gänsehaut füllen. Der Hals ergibt eine längliche Keulenform, aus der Haut von Brust oder Rücken werden unterschiedlich dicke Würste. Die Füllung besteht aus fettem und magerem Fleisch vom Schwein und, zu mindestens 30%, aus magerem Gänsefleisch. Die Schweine unterliegen hinsichtlich Rasse, Herkunft und Aufzucht den Bedingungen, die auch für den berühmten Prosciutto di →Parma gelten.
Auch die Haltung der verwerteten Gänse ist regional abgegrenzt, ihre Fütterung besteht in den letzten Monaten vor der Schlachtung ausschließlich aus pflanzlicher Kost wie Grünfutter und Getreide, und sie müssen mindestens 4kg auf die Waage bringen. Das nicht allzu fein gewolfte Brät wird mit Salz, Pfeffer und unterschiedlichen weiteren natürlichen Aromen gewürzt. Nach dem Abfüllen reift und trocknet die Gänsesalami mehrere Tage und wird abschließend sachte, unterhalb des Siedepunktes, in Wasser erhitzt. Wieder erkaltet, hat sie eine zarte, aber schnittfeste Konsistenz. Sie wird mit der Haut genossen, sei es als kalte Vorspeise oder in vielen warmen Gerichten, z.B. im Linsentopf, zu Kartoffelpüree oder in einem risotto. Nicht umsonst sind auf dem offiziellen Etikett neben einer weißen Gans, der Silhouette von Mortara und dem IGP-Symbol über dem Umriss der Lomellina auch Reisähren abgebildet.
Die Lomellina, der historische Landstrich um Mortara, ist mit dem Po und anderen Flüssen von Wasserreichtum geprägt. Die Bedeutung des Reisanbaus zeigt sich an der Handelskammer von Mortara, die als wichtigster Platz des italienischen Reishandels gilt. Natürlich fühlen sich auch Wasservögel hier wohl, die Gänsezucht hat in der Lomellina antike Vergangenheit. Diese Historie und ihr berühmtes Ergebnis, die Gänsewurst, werden jedes Jahr am letzten Septemberwochenende mit der Sagra del Salame d’Oca gefeiert.
Höhepunkt des Festes ist ein palio, bei dem die sieben Stadtteile (contrade) von Mortara gegeneinander antreten. Lebende, historisch gewandete Personen tragen als Spielfiguren das gioco dell’oca aus, das alte, in ganz Europa verbreitete Gänsespiel, eine Brettspielvariante.
Wie bei ähnlichen Palio-Veranstaltungen in anderen italienischen Städten (→Siena u.a.) endet der Wettstreit auch hier kulinarisch an festlich gedeckten Tischen. In Mortara gibt es hierbei neben der Gänsesalami weitere Wurst- und Schinkenspezialitäten von der oca wie z.B. paté di fegato, eine köstliche Gänseleberpastete.