In der fruchtbaren Ebene des Veneto, dem Gemüsegarten Oberitaliens, gedeihen auch Erbsen (ital. piselli, volkstüml. bisi) sehr gut. Schon im 11.Jh. ist der Anbau von Pisum sativum durch Benediktinermönche auf den Feldern von Lumignano bekannt, einem Ortsteil von Longare in der Provinz Vicenza. Die
Bisi oder Piselli di Lumignano
bilden auch die Grundlage für das international bekannte Reis-Erbsen-Gericht risi e bisi, das traditionell den Dogen und anderen Honoratioren →Venedigs am 25. April aufgetischt wurde, dem Tag des Stadtpatrons San Marco.
Wegen der zeitlichen Nähe zu pasqua (Ostern) und zum Frühlingsbeginn bekamen die Erbsen Symbolcharakter als Zeichen des Wiedererwachens von Natur und Mensch. Und für das festliche Tafeln im Palazzo Ducale, dem Dogenpalast am Markusplatz, machten sich Boote aus dem Veneto und besonders aus Lumignano, voll beladen mit Erbsen und Reis, auf den Weg zur Serenissima. Für das Erbsen-Reis-Gericht galt als Grundrezept: ogni riso un biso, zu jedem Reiskorn eine Erbse. Und natürlich kommt der Reis bevorzugt aus dem dafür berühmten Nachbarort →Grumolo delle Abbadesse!
Neben den beiden Hauptdarstellern spielen normalerweise allenfalls noch ein paar Stückchen von würzigem pancetta zur geschmacklichen Unterstützung mit. Meist als primo piatto serviert, rangieren risi e bisi je nach Flüssigkeitsanteil zwischen einem cremigen risotto und einer minestrone (Gemüsesuppe).
In Vicenza bereitet man die Erweiterung risi, bisi e oca zu, bei der im eigenen Fett eingelegtes Gänseklein beigegeben wird. Letzteres heißt auf Italienisch oca in onto und stellt eine alte Methode der Haltbarmachung von Fleisch dar, vergleichbar mit dem französischen confit d’oie. Und die Freundschaft zwischen Erbsen und Reis zeigt sich in vielen weiteren Rezepten.
Jährlich im Mai, wenn die Ernte der frühreifen Erbsen beendet ist, werden sie mit der kulinarisch höchst interessanten Sagra dei Bisi di Lumignano ausgiebig gefeiert. Außer mit dem Reis treffen sich die feinen, süß-nussig schmeckenden Erbsen hier natürlich auch mit allen anderen Gemüsearten, die im Veneto gedeihen.
Und natürlich mit Fischen, Krebstieren und Muscheln, die man aus dem Bacchiglione und den zahlreichen anderen Flüssen, aus den Kanälen und aus der Lagune von Venedig oder aus dem Adriatischen Meer fischt.