Ulis Culinaria

Kiel

Nur noch wenige Betriebe stellen die Kieler Sprotten auf die traditionelle Art her. Dafür werden 10-15cm lange Fischchen der Spezies Sprattus sprattus (Europäische Sprotte oder Breitling) leicht gesalzen und über Buchen- und Erlenholzglut im →Altonaer Ofen geräuchert.

Die recht fetthaltigen, goldig glänzenden Räucherfischchen werden normalerweise mit Kopp un Steert (mit Kopf und Schwanzflosse) im Ganzen verzehrt. Menschen mit empfindlicherem Gaumen zitieren eher das Motto Kopp un Steert sin nix wert: Sie drehen den Kopf ab und ziehen die Mittelgräte behutsam am Schwanz heraus, ohne dass das Fischlein auseinanderfällt. Und dann einfach genussvoll abbeißen, dazu eine dick mit Butter bestrichene Scheibe Schwarzbrot und ein kühles Bier – was will man Meer?!

Die Kieler Sprotte

marine Delikatesse aus dem Rauch

Eigentlich kämen die Kieler Sprotten, so behauptet man jedenfalls dort, eher aus dem 20km entfernten Eckernförde. Da die in flachen Holzsteigen versandfertig verpackten Fische aber für den überregionalen Handel im Kieler Bahnhof ihre Reisepapiere samt Stempel erhalten hätten, seien sie auch namentlich vereinnahmt worden. In Kiel allerdings verweist man darauf, dass die Räucherfische in der Literatur schon lange vor dem Anschluss an das Eisenbahnnetz Mitte des 19.Jhs. mit dem Namen Kiel verbunden wurden, die Eckernförder sich also erst später der Produktion der Kieler Sprotten angeschlossen hätten. Dafür befinden sich heute die größten Hersteller der Spezialität auf Eckernförder Gebiet.

Sprattus sprattus fangfrisch

Für die geschützte Bezeichnung Echte Kieler Sprotten müssen die Fische jedenfalls um die Kieler Bucht herum geräuchert werden. Der größte Teil der Fische selbst kommt heute jedoch nicht mehr aus der Ostsee, sondern aus der Nordsee oder anderen Teilen des Atlantiks.

Sprattus sprattus geräuchert

Immer noch werden Kieler Sprotten in den traditionellen Kistchen aus rohem Spanholz vermarktet. In Anpassung an die Bedürfnisse des Supermarkthandels findet man sie aber auch häufig als Dosenkonserve.

1905 lief in Rostock ein gut 20m langes Dampfschiff vom Stapel. Nach mehreren Umtaufungen und Eignerwechseln wird es heute von einem privaten Kieler Verein als Museums- und Ausflugsschiff unter dem Namen Kieler Sprotte unterhalten. Der namensgebende Fisch prangt in Form zweier erotisch gestalteter Seejungfrauen am Bug.

Gebürtige Kieler und Kielerinnen tragen mit Stolz den – liebevoll gemeinten – Spitznamen Kieler Sprotte.

In Öl konserviert findet man die Sprotte auch  unter dem Namen der lettischen Hauptstadt Riga. Die →Rígas šprotes werden ebenfalls geräuchert, aber dann  fast ausnahmslos mit Pflanzenöl in Blechdöschen oder Gläsern konserviert.

Selbst Menschen mit Aversion gegen Fisch können lustvoll Kieler Sprotten genießen. Aus bester Schokolade in kleine Fischformen gegossen und in goldglänzende Folie gewickelt werden sie, wie ihre maritimen Vorbilder, in schmucke Holzkistchen verpackt und sind beliebt als süßes Geschenk oder als touristisches Mitbringsel.