Gaeta liegt in der Region Lazio an der Westküste Italiens, zwischen Rom und Neapel. Dort wird schon seit jeher die Olivensorte Itrana angebaut, benannt nach dem benachbarten →Itri.
Die Ölfrüchte werden vollreif geerntet, also wenn ihre Schale ein dunkles, kräftiges Violett zeigt. Nur ein geringerer Teil der Ernte wird zu Öl verarbeitet. Die meisten Itranas werden einem aufwendigen Fermentierungsverfahren zugeführt, in dessen Verlauf das Fruchtfleisch zart und leicht vom Kern lösbar wird.
Vermarktet werden sie, meist mit salamoia (Lake) in Gläser gefüllt, als Tafeloliven unter der Bezeichnung
Oliva di Gaeta (→DOP).
Sie schmecken als leicht herbe, fruchtig-aromatische Zutat an Salaten und Vorspeisen. Als Olivenpaste mit Knoblauch und Peperoni stellen sie eine beliebte, würzige Beigabe zu allerlei Gerichten dar.
Die Oliva di Gaeta wird zwar in etlichen weiteren Orten der Region hergestellt. Da man aber Gaeta historisch den Ursprung dieser Verarbeitung zuschreibt und das Hafenstädtchen als zentraler Ausgangspunkt der überregionalen Vermarktung gilt, tragen die Oliven seinen Namen. Seit Ende 2016 auch als DOP.
Nach Ansicht vieler Kenner ist die Olive aus Gaeta auch die einzige, die ein Gericht aus der benachbarten →cucina napoletana authentisch werden lässt:
Spaghetti alla puttanesca.
In eine mit Zwiebeln, Sardellen, Peperoncini, Oregano und Knoblauch angesetzte salsa di pomodoro (Tomatensauce) kommen entsteinte und kleingeschnittene Oliven sowie Kapern, im neapolitanischen Dialekt aulive e chiapparielle (it. olive e capperi). Die Spaghetti nach Art der Huren (it. puttana = Hure) sollen ihren Namen erhalten haben, weil dieses Gericht in den kurzen Arbeitspausen der Damen schnell zuzubereiten war. Und wenn die Mahlzeit notfalls auch mal unterbrochen werden musste und nach getanem Liebeswerk abgekühlt war, schmeckte sie immer noch gut.
Eine andere Erklärung besagt, die Zutaten für das Pasta-Gericht seien gut als Vorrat ohne Kühlung haltbar und deshalb für die Prostituierten, die zu normalen Marktzeiten nicht aus dem Haus konnten, geeignet gewesen.
Das heimische Olivenöl spielt auch bei der Tiella di Gaeta (→PAT) eine entscheidende Rolle. Denn nur in diesem dürfen nach Ansicht hiesiger Feinschmecker die Zutaten für die Füllung der pastetenartigen Teighülle angeschmort werden. Hierzu kommen im Hafenstädtchen Gaeta vor allem kleingeschnittene Meerestiere in das heiße, reichlich bemessene Öl: z.B. polpa (Krake), calamari (Tintenfische), alici (Sardellen) und baccalà (Stockfisch). Auch diverse Muscheln werden gerne verwendet. Dazu gesellen sich Gemüse wie Zwiebeln, Spinat, Zucchini u.a. Neben einer solchen maritimen Variante gibt es auch Zubereitungen mit Fleisch, Wurst und Schinken. Ansonsten variieren die Zutaten von Herd zu Herd. Eine flache runde Keramik- oder Metallform, die namensgebende teglia bzw. tiella (→Bari), wird mit einem lockeren Pizzateig ausgekleidet und mit der Mischung befüllt. Das Ganze wird mit einer Teigdecke geschlossen, die am Rand gut angedrückt wird.
Im Prinzip handelt es sich bei der Tiella um eine pizza calzone, die nur nicht auf dem heißen Steinboden des forno a legna, des Holzofens gebacken wird, sondern in der Tonform. Und während die Calzone aus einem Teigling zusammengeklappt wird, besteht die Tiella aus Boden und Decke.
Noch einmal gut mit Öl beträufelt wird die tiella im Ofen goldbraun gebacken. Selten wird sie heiß gegessen. Nach dem Abkühlen hat die Füllung eine gewisse Festigkeit, sodass die Pastete wie eine Torte aufgeschnitten werden kann. Gerne sagt man, die Tiella sei nur gut, wenn einem beim Verspeisen aus der Hand das Öl bis zu den Ellenbogen heruntertriefe.
Durch die Teighülle ist die Tiella eine gute Weile haltbar. Deshalb war sie früher ein beliebter Proviant bei Bauern und Fischern, die oft tagelang von zuhause weg waren und auf dem Feld bzw. dem Fischerboot meist keine richtige Kochgelegenheit zur Verfügung hatten.
Im 19.Jh. wanderten etliche Italiener aus dem Lazio nach Südfrankreich aus, wo sie z.B. in den Salinen der Camargue Arbeit suchten. Seitdem wird das Gericht dort als tielle zubereitet (→Sète). Und den Landsleuten, die die noch längere Reise in die Neue Welt antraten, soll die Tiella als Wegzehrung während der ersten Tage der Atlantiküberquerung gedient haben.
Die tiella in Italien, die tielle in Frankreichs Süden oder (vielleicht) auch die türkische tuğla gehen auf den lateinischen Begriff tegula zurück. Dieser bezeichnet aus Lehm gebrannte Formen für den Mauerbau und die Dachdeckung, aber auch flache Gefäße aus dem gleichen Rohstoff. Im Deutschen wurden daraus der Ziegelstein, der Dachziegel und feuerfeste Gefäße und Pfannen wie z.B. der Schmelztiegel. Der sprachliche Kreis schließt sich, wenn wir umgekehrt einen irdenen Dachziegel auch als Dachpfanne bezeichnen …
Ähnlich wie die vom Teig ummantelte Füllung hüllten sich manche im alten Rom in das tegilium, einen mantelartigen Umhang, womit der Name des Gerichtes auch erklärt wird.