Ulis Culinaria

Firenze

Die Città dell’arte (Stadt der Künste) im Herzen der Toscana hat unzählige namhafte Persönlichkeiten hervorgebracht. Italiens Nationaldichter Dante Alighieri (Die Göttliche Komödie) stammt von hier ebenso wie der Maler Sandro Botticelli (Geburt der Venus) oder der Forscher und Geograph Amerigo Vespucci, nach dem die Neue Welt benannt wurde.

Zwei der bekanntesten Kunstwerke der Welt entstanden hier:

Leonardo da Vincis Portrait der florentinischen Kaufmannsgattin Lisa del Giocondo, genannt Mona Lisa,

und die David-Statue von Michelangelo Buonarotti, Sinnbild für das Freiheitsstreben der Florentiner Bürger (rechts: Detailansicht).

Città dell'arte

Chianina-Rind
perfekt gebraten, perfekt tranchiert!

Bistecca alla fiorentina

Mit der

Bistecca alla fiorentina

hat sich die Stadt auf denkbar einfache, aber unter Feinschmeckern hochgerühmte Weise einen Namen gemacht. Ein Kalbfleischzuschnitt, der dem bekannten T-Bone-Steak entspricht (also das Filet auf der einen, das Roastbeef auf der anderen Seite des T-förmigen Knochens), wird als ca. 4cm dickes Stück zart gegrillt. Und zwar außen knusprig, aber im Inneren noch blutig bis rosa, auf gar keinen Fall durchgebraten. Für die Würze sorgt eigentlich das Fleisch selbst, denn das Wichtigste dabei: Das Steak muss gut abgehangen sein und darf eigentlich nur von einem Chianina-Kalb stammen, einer in Norditalien seit mehr als 2000 Jahren gehaltenen, vor allem ihrer Fleischqualität wegen gerühmten Rasse des Bos primigenius tauris (Hausrind) mit auffällig weißem Fell. Bereits Plinius der Ältere äußerte sich um 50 n.Chr. bewundernd über das bos magnus et albus (das große, weiße Rind). Als einzige Alternative zum Chianina akzeptiert man in Florenz noch das Fleisch von der ähnlichen Rasse Maremma.

Animelle di vitello alla fiorentina

Die BSE-Welle der ersten 2000er Jahre hatte einen feinen Genuss unmöglich gemacht, den man heute wieder hie und da auf der Speisekarte findet: Das Bries, das dem Kalb noch bei der Verdauung der Muttermilch hilft und sich später zurückbildet, wenn aus dem kleinen Säugetier ein Pflanzenfresser wird (→Lausanne).

Dieses zarte Organ, das der Tierarzt Thymus nennt, heißt auf Italienisch animella (kleine Seele). Und beseelt genießen kann man in Florenz die Animelle di vitello alla fiorentina. Das Kalbsbries wird dazu im Ganzen gedünstet und mit Spinat, Sauce →Mornay und Parmigiano serviert.

Wiederkäuer-Mägen
Kalbsbries

Trippa alla fiorentina

Ein weiterer Klassiker der Florentiner Küche sind die Trippa alla fiorentina mit Zwiebeln, Karotten und Tomaten, in der Zubereitung vergleichbar den Tripes à la mode de →Caen.

In etwas vereinfachter Rezeptur werden die Kutteln (it. trippa) als lampredotto in Brotfladen zum Aus-der-Hand-Essen an speziellen Strassenverkaufsständen, den trippai, angeboten. Der Name des Snacks leitet sich ab von dem Fisch lampreda, zu deutsch Neunauge, an dessen wulstiges Maul wohl die gekrauste Form der Kutteln erinnert.

Außer den beiden hier erwähnten Gerichten, dem Kalbsbries und den Austern, werden einige weitere Zubereitungen alla fiorentina genannt, wenn spinaci (Spinat) einen wichtigen Bestandteil darstellt – sei es als Hauptzutat oder als Beilage. Das zarte Gemüse hat in Florenz offensichtlich außergewöhnlich viele Liebhaber!

Huîtres à la florentine

Paul Bocuse empfahl Huîtres à la florentine, ausgelöste Austern, die auf einer Unterlage aus blanchiertem Spinat und bedeckt mit Semmelbröseln und Käse in der Schale gratiniert werden.

Œufs à la florentine

Und schlichte Spiegeleier werden bei Bocuse zu Œufs à la florentine, wenn man sie mit püriertem Spinat brät.

Nicht nur in →Venezia, sondern auch in Firenze wird ausgiebig der Carnevale gefeiert. In der närrischen Jahreszeit findet man in allen pasticcerie der Stadt die Schiacciata fiorentina. Unter der Bezeichnung schiacciata werden in Italien verschiedene Kuchen gebacken, bei denen der Teig flach auf ein Blech gedrückt wird (it. schiacciare heißt flachdrücken). Hierbei handelt es sich meist um herzhaft gewürzte, an die focaccia erinnernde Zubereitungen (→Genova).

Schiacciata fiorentina

Der Teig für die süße florentinische Karnevalsversion besteht aus Mehl, Milch, Ei, Zucker und Backpulver. Geschmacksbestimmendes Aroma steuert reichlich Orangenabrieb bei. Der auf dem Blech oder in einer flachen, rechteckigen Form ausgebreitete Teig wird goldgelb gebacken. Nach dem Abkühlen wird manchmal noch zusätzlich Orangensaft darübergeträufelt, auf jeden Fall aber mit Puderzucker bestäubt. Dabei spart eine Negativschablone den giglio fiorentino aus, die Lilie aus dem Stadtwappen von Florenz. Oder das Motiv wird durch eine Positivschablone mit Kakaopulver auf den weißen Staubzucker gepudert.

Abwandlungen, bei denen der Kuchen z.B. quer halbiert und mit Schlagsahne oder diversen Cremes gefüllt wird, gelten nicht als originale schiacciata fiorentina. Diese genießt als →PAT gewissermaßen Bestandsschutz.

Florentiner Masse

Nicht in Florenz, aber bei uns tragen Mandelplätzchen mit Orangeat und Honig (ohne Mehl!), denen man einen wellenförmig geriffelten Schokoladenboden verpasst hat, den Namen Florentiner, da dieses Konfekt dort erfunden worden sein soll. Kein Florentiner Konditor hat dies allerdings je bestätigt. Die für die Florentiner angemachte Mischung aus Nüssen, kandierten Früchten und Honig findet, auch in Abwandlungen, als Deckschicht bei anderen Konditoreispezialitäten Verwendung und wird dann Florentiner Masse genannt.