Feinschmeckern, die es gerne aromatisch-pikant mögen, ist der Ort im südwestfranzösischen pays basque ein Begriff.
Alljährlich ab September färben Unmengen von rot leuchtenden Girlanden den gesamten Ort. Frisch geerntete Paprikaschoten hängen dann nämlich, auf Schnüre aufgezogen, an Fassaden und von Balkonen, um in der Sonne zu trocknen.
Der Chili (Capsicum annuum) wurde schon im 16. Jh. von Seefahrern aus Mexico mit-gebracht, wurde aber anfänglich nur in der Medizin verwandt oder als Ziergewächs in Gärten angepflanzt. Erst später erkannte man die Vorzüge seiner Früchte als Speisewürze und, wie die Schinkenmacher aus dem benachbarten →Bayonne, auch die konservierenden Eigenschaften. Seit der Mitte des 17. Jhs. wird in Espelette und neun Nachbargemeinden des pays basque (darunter das Kirschendorf →Itxassou) die gorria (baskisch für rot) angebaut, eine mit 1.500 bis 3.500 SHU (→Scoville) eher milde Züchtung. Durch das rund dreimonatige Trocknen verfliegt zusätzlich ein Teil der Schärfe, sodass die fruchtigen Aromen im Vordergrund stehen.
Das weltweit begehrte Gewürz ist als
Piment d’Espelette
oder, auf Baskisch,
Ezpeletako biperra
seit 2008 mit einer →AOP vor Nachahmern geschützt.
Jährlich wird die scharfe Schote mit der Fête du Piment am letzten Oktoberwochenende ausgiebig gefeiert, mittlerweile ein touristischer Höhepunkt des regionalen Kalenders. Die 2.000 Einwohner von →Espelette empfangen dann gut das Zehnfache an Festbesuchern. In allen Straßen werden an Ständen Köstlichkeiten mit dem lokalen Chili zubereitet, allen voran der Axoa (s.u.). Die Restaurants wetteifern mit diesem Angebot. Baskische Folklore, kirchliche Segnung der Ernte, Pelota-Turniere und ein Festumzug mit den Honoratioren der →Confrérie du Piment et du Axoa de veau d’Espelette bilden das Rahmenprogramm.
Eintopfgerichte werden in der baskischen Sprache axoa oder hachua genannt und haben in der Regel Rind- oder Kalbfleisch als Hauptzutat. Der Name geht auf das französische Verb hacher zurück, das Fleisch wird also (grob) gehackt.
Vor dem Fleisch kommen gewürfelte Zwiebeln und süßlich-milde Piment-Schoten in die Pfanne. Beliebt sind beispielsweise die relativ großen, gebogenen Sorten, die in Frankreich corne de bœuf, in Italien →corno di bue (Ochsenhorn) genannt werden.
Manche Basken schreiben die Erfindung des Axoa einem Gastwirt aus Espelette zu. Wirklich beweisen lässt sich das natürlich nicht. Aber für die Schärfe des Axoa de veau d’Espelette sorgt selbstverständlich die pfeffrige Schote des Gorria-Piments!
Auch bei der →piperade, einer ebenfalls regionaltypischen Gemüsezubereitung, spielt der Piment aus Espelette eine wichtige Rolle.
Inzwischen findet man den Piment d’Espelette auch im deutschen Gewürzhandel immer öfter.
Die gängigste Form ist ein flockiges Pulver, das man je nach Bedarf z.B. im Mörser noch feiner zerreiben kann.
Eine zweite, gut zu dosierende Form ist ein Pürée aus gemahlenen Gorria-Schoten, Weinessig und Salz aus →Salies-de-Béarn.
Darüberhinaus gibt es mit dem Piment gewürzte feine Pasteten, Chutneys und andere Feinkost-Produkte.
Das Gewürz ist übrigens nicht zu verwechseln mit dem Nelkenpfeffer, der bei uns ebenfalls unter der Bezeichnung Piment verwendet wird. Die unreifen Früchte des Myrtengewächses Pimenta dioica erinnern wegen ihres pfeffrigen Geschmacks an Chiliprodukte. Zudem sehen sie aus wie etwas groß geratene weiße Pfefferkörner. Franzosen unterscheiden den Nelkenpfeffer nach seiner karibischen Herkunft als piment bzw. poivre de la Jamaïque.
Manche Schokolade aus dem Schinkenstädtchen Bayonne wird mit einer kleinen Zugabe von gemahlenem Chili zur pikant-süßen Leckerei. Eine herrliche Verbindung gehen beide bei der tarte au chocolat noir et au piment d’Espelette ein.
Auch bei der Herstellung von gewürztem Olivenöl, Salzmischungen oder verschiedensten Fruchtkonfitüren kommt der Chili aus dem Baskenland zur Geltung.