Ulis Culinaria

Elche

Kaiserliche Datteln

Die 200.000-Einwohner-Stadt Elx, so ihr valencianischer Name, liegt etwa 10km von der südostspanischen Costa Blanca entfernt in der zur Region Valencia gehörenden Provinz Alicante. Bereits in den Zeiten erster Besiedelung des Ortes im 5. Jh.v.Chr. sollen von Karthagern Palmen aus dem Nahen Osten hier angepflanzt worden sein. Während der maurischen Besatzung der iberischen Halbinsel ab dem 8.Jh. wurde die Palmenkultur durch ein Bewässerungssystem ausgebaut, das dem Wissen der Araber um den Anbau vor allem von Dattelpalmen entsprach.

La palmera imperial

Heute erstrecken sich auf etwa 1,5km² im Stadtzentrum öffentliche Parks und private Palmengärten, die als Palmeral de Elche im Jahr 2000 zum UNESCO-Weltkulturerbe erklärt wurden.

Eine für Österreicher und Deutsche besondere Sehenswürdigkeit ist die Palmera Imperial. Die in sieben Teilstämmen gewachsene Kaiserliche Palme wurde nach Isabel de Baviera benannt, der Herzogin von Bayern, bei uns bekannt als Elisabeth, genannt Sisi, Kaiserin von Österreich-Ungarn. Sie hat die besondere Palme 1894 bei einem Besuch in Elche höchstpersönlich bestaunt.

Delicias de Elche

Delicias de Elche (Foto: de Avicentegil/wikipedia)

Von den zur Blütezeit im 18.Jh. rund 200.000 Palmen sind heute noch gut 10.000 vorhanden, teilweise im rüstigen Alter von 200 bis 300 Jahren. Die meisten Bäume gehören zur Art Phoenix dactylifera, der Echten Dattelpalme. Die Früchte, die hier im Dezember geerntet werden, stellen mit ihrer geringen Menge zwar keinen wirtschaftlichen Faktor dar. Aber sie haben den Einwohnern der Stadt – und ihren Gästen – eine kleine, feine Vorspeise beschert.

Die Delicias de Elche bestehen aus Datteln, deren Kern gegen eine geschälte almendra, eine Mandel ausgetauscht wird. Mit einer Scheibe Speck ummantelt wird die Dattel kurz in heißes Olivenöl getaucht, bis der bacon (auch panceta genannt) schön knusprig ist.

Ein wirklich delikater Beitrag zur spanischen Tapa-Kultur (→Sevilla)!

Der Granatapfel - ein Mythos

Im Staatswappen von Spanien (wie auch in dem von Kolumbien sowie im Stadtwappen von →Granada) ist ein Granatapfel abgebildet. Manche Kulturhistoriker sehen im Herrschersymbol Reichsapfel nicht den Malus domestica (Kulturapfel), sondern den Punica granatum, den Granatapfel. Die Phönizier, im heutigen Gebiet von Israel, Libanon und Syrien sowie im nördlichen Afrika beheimatet und nach der antiken Hauptstadt Carthago (nahe dem heutigen Tunis) auch Karthager genannt, hießen bei den Römern poeni (Punier), mit denen sie in den punischen Kriegen um die Vorherrschaft im Mittelmeergebiet kämpften. Punica heißt also einfach punisch. Der Namensteil granatum bezieht sich auf die zahlreichen unter der holzigen Schale verborgenen Samenkörner (lat. granum = Korn). Die samenreiche punische Frucht wird seit Jahrtausenden vom Menschen genutzt. In der griechisch-römischen und der altägyptischen Mythologie wurde sie mit diversen Gottheiten assoziiert.

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Die wohl früheste Misswahl der Geschichte entschied der Jüngling Paris mit seinem legendären Urteil, als er →Aphrodite einen Granatapfel überreichte und sie damit zur göttlichen Schönheitskönigin vor den Mitbewerberinnen Athene und Hera erklärte. 

S.Botticelli, Urteil des Paris (Ausschnitt)

In der Thora, im biblischen Alten Testament und im Koran wird der Granatapfel mehrfach erwähnt. Obwohl eine Frucht zwischen 200 und 1.000 Samen enthalten kann, wird deren Anzahl von manchen strenggläubigen Juden mit den 613 Mizwot gleichgesetzt, den Verhaltensvorschriften, in denen die Thora den jüdischen Alltag bestimmt.

Für das mittelalterliche Christentum stand die feste kugelige Schale für die Institution Kirche, in der ihre Mitglieder geborgen sind wie die Samen in der Frucht. Derentwegen diente er auch immer wieder als Fruchtbarkeitssymbol und wurde, vor allem in Asien, Frischvermählten als Zeichen für gesegneten Kinderreichtum geschenkt. 

Die Farbe der Samen gab dem dunkelroten, körnig kristallinen Edelstein Granat seinen Namen. Leider verdankt aber auch die Granate, die Sprengkapsel mit den mörderischen Splittern, der köstlichen Frucht ihre Bezeichnung. Obwohl der zur Ordnung der Myrten zählende Granatapfelbaum Punica granatum botanisch nichts mit dem Apfelbaum Malus domestica aus der Familie der Rosengewächse zu tun hat, wurde die namentliche Verbindung wegen der Formähnlichkeit der Früchte außer im Deutschen in sehr vielen weiteren Sprachen übernommen. Auch hier diente der Kulturapfel als sprachliche Grundfrucht, wie beim pomodoro, dem Goldapfel Tomate, oder bei der Apfelsine, dem chinesischen Apfel.

Schon immer wurden dem Granatapfel neben seinen symbolischen Bedeutungen auch allerlei gesundheitsfördernde Eigenschaften nachgesagt. Aber längst nicht alle konnten wissenschaftlich belegt werden. Eine Superfrucht, zu der er aus Marketinggründen gerne stilisiert wird, ist er sicher nicht. Nachgewiesen sind immerhin zahlreiche Polyphenole, die vor allem dem aus den Samen gepressten Saft fruchtige Süße und intensive Farbe verleihen, sowie Antioxidantien, die unbestritten diversen Krankheiten vorbeugen können. Im Orient wird aus dem Saft bis heute ein recht süßer Wein gekeltert. Vor allem in Frankreich stellt man daraus das beliebte sirop de grenadine her, das zum erfrischenden Getränk verdünnt wird oder in der Cocktailbar so manchen Drink wie den Tequila Sunrise verfeinert.

Tequila Sunrise
Grenadine-Sirup

In der Küche eignen sich die rohen Samen als Salatzutat oder als fruchtige Komponente in der Dessertabteilung.

Starkes oder längeres Erhitzen bringt sie schnell zum Platzen und lässt ihr Aroma verfliegen. Bei feinen Fleisch-, Wild- oder Fischgerichten können sie kurz vor dem Ende der Zubereitung zur Sauce gegeben werden und stellen eine aromatische Alternative zu Johannis- oder Preiselbeeren dar.

Aus den kleinen Samen in den roten Fruchtkernen wird Öl gewonnen, das in verschiedenen Kosmetika eingesetzt wird und dessen medizinische Möglichkeiten noch erforscht werden.

Weitere Infos zum Granatapfel und vor allem

feine Rezepte

findest Du – auch deutschsprachig! – bei den

Freunden des Mollar de Elche

Granada Mollar de Elche DOP

1897 wurde in der Nähe von Elche per Zufall die in Stein gehauene kunstvolle Büste einer Frau gefunden. Ihre Entstehung wurde auf das 4./5.Jh.v.Chr. datiert. Das antike Kunstwerk, Dama de Elche getauft, befindet sich heute – ¡gegen den Willen der Alicante-Bewohner! – im Prado, dem spanischen Nationalmuseum in Madrid. Immerhin hat man der Stadt Elche eine Kopie überlassen. Die anschließenden Ausgrabungen am Fundort haben gezeigt, dass in Spanien schon während der Antike Granatäpfel verzehrt wurden. Aber erst im 8.Jh. kamen mit den Arabern neben den bereits erwähnten Dattelpalmen auch die ersten Granatapfelkulturen nach Iberien. Auf den Ländereien im Süden der Alicante wird seit dem 19.Jh. die Spitzensorte Mollar angebaut. Auf knapp 3.000ha beträgt die jährliche Ernte rund 50.000t, fast 90% der spanischen Produktion.

Dama de Elche
Granatapfel-Plantage

Der Mollar zeichnet sich durch besonders aromatische, saftreiche Samenkerne mit intensiv roter Farbe und zarter Haut aus. Die lehmig-sandigen Böden und Sonnenreichtum bei gleichzeitiger Regenarmut in den Wochen vor der Ernte lassen hellbeige bis purpurrot gefärbte Früchte ohne Fäulnisspuren wachsen. Um Beschädigungen zu vermeiden, wird von Hand geerntet, die Früchte werden sorgsam ausgelesen und müssen mindestens 125g auf die Waage bringen. Besonders wird darauf geachtet, dass das charakteristische kleine Krönchen aus Kelchblättern nicht zerstört wird. Wenn diese und andere Kriterien erfüllt sind, dürfen die Granatäpfel seit 2016 mit der →DOP

Granada Mollar de Elche

etikettiert und vermarktet werden. Rund 70% der Ernte wandern in den Export, was ihre internationale Wertschätzung widerspiegelt.