Ulis Culinaria

Daujėnai

Die gerade einmal gut 400 Bewohner des Dörfchens im nördlichen Litauen (heute Teil der Rajongemeinde Pasvalys) haben sich eine besondere Tradition bewahrt. Entgegen der Industrialisierung der Brotherstellung im 20.Jh. wird hier noch ein uriges Brot nach althergebrachten, von einer Generation zur nächsten weitergegebenen Rezepten gebacken. Beim

Daujėnų naminė duona

handelt es sich um ein hausgebackenes (lit. naminė) Roggenbrot, das im Lehmbackofen seine kräftige und tiefbraune, fast schwarze Kruste erhält. Eine lange Führung des mit spontanem Sauerteig angesetzten Brotteiges in Eichenholztrögen und die Zugabe von etwas Kümmel ergeben den besonderen Geschmack und die lange Erhaltung der saftigen Frische.

Daujėnų naminė duona

Die Tröge sowie genaue Mengenverhältnisse sind in jeder Familie als Erbe weitergereichtes Gut. Schon das reine Roggenmehl wird mit hauseigenen Mühlsteinen gemahlen. Ein Verleihen der eichenhölzernen Utensilien (vom Trog über das Rührwerkzeug bis zum Schieber zum Einschießen der Brotlaibe in den Ofen) würde als Verrat an der Familientradition empfunden, da dies eine Verfälschung des vererbten Sauerteiges bedeuten würde. Denn von einem Backtag zum nächsten erhalten sich die Hefesporen in den Poren des Eichenholzes, sodass eine kontinuierliche Weiterführung des Sauerteigansatzes gewährleistet ist.

Zu kirchlichen Festen oder familiären Feiern werden die großen, bis zu 10kg schweren Brote gerne mit Bild- oder Schriftmotiven verziert.

Die außerordentliche Qualität dieser Brote hat sich nach und nach über die regionalen Grenzen hinweg einen guten Ruf erworben. Aus der reinen Brotbäckerei für den Eigenbedarf ist so ein rentables Gewerbe für die einzelnen Familien geworden, ohne allerdings die traditionelle Verfahrensweise aufzugeben. Inzwischen findet keine Präsentation litauisch-kulinarischer Kultur im Ausland (z.B. Grüne Woche in Berlin) ohne Daujėnų naminė duona statt.

Die EU-Kommission hat den Namen des Brotes 2014 als →g.g.A. (lit. Abk. SGN) anerkannt.