Ulis Culinaria

Darlowo

Nichts in dem polnischen Ostseestädtchen, das bis 1945 Rügenwalde hieß, erinnert daran, dass hier eine Wurstsorte erfunden wurde, die in der vielfältigen deutschen Wurst-Welt zum Standardangebot gehört:

die Teewurst.

Rügenwalder Teewurst

Die Sortenbezeichnung geht nicht etwa darauf zurück, dass Tee zu den Ingredienzen der Wurst gehörte. Einer Legende nach soll Alwine Müller, die Frau des Metzgermeisters Carl Wilhelm Gottfried Müller, der sie 1903 als erster in Rügen-walde produzierte, bei einem Teestündchen mit Freundinnen davon angetan gewesen sein, wie gut die Wurst, auf frisches Brot gestrichen, zu dem an Nord- und Ostsee beliebten Heißgetränk passte. 

Alwine Müller gestaltete, in Anlehnung an den Familiennamen, ein Logo in Gestalt einer Windmühle. Diese Mühle mit zwei gekreuzten Würsten als Flügel steht auch heute noch für den Betrieb, der seit der Übersiedlung aus Polen in Niedersachsen beheimatet ist und dessen Aushängeschild neben vielen anderen Fleischverarbeitungsprodukten nach wie vor die Teewurst ist.

Und sie darf bis heute die gesetzlich geschützte Bezeichnung

Rügenwalder Teewurst

tragen. Dieser Schutz gilt allerdings nur für Betriebe, die ihren Ursprung auf Metzger zurückführen können, die nach 1945 aus Rügenwalde in die Bundesrepublik Deutschland geflohen waren und die Originalrezeptur für die Teewurst mitbrachten. Das sind derzeit noch drei Betriebe, von denen keiner mehr in Darlowo ansässig ist. Wenn also irgend ein anderer Metzger irgendwo auf der Welt – selbst in Darlowo! – seine hausgemachte Teewurst in die Auslage bringt, darf auf dem Schildchen allenfalls Teewurst (nach) Rügenwalder Art stehen. Hier macht man also die gleiche kleine, aber feine sprachliche Unterscheidung wie z.B. bei dem berühmten Schnitzel aus →Wien.

grob und ...
.. fein

Die zart geräucherte Streichmettwurst, die ihre Geschmeidigkeit einem relativ hohen Fettanteil (30-40%) verdankt, gibt es in feiner und grober Version. Verarbeitet werden mageres und fettes Schweinefleisch sowie magere Teile vom Rind, die Prozentanteile variieren. Dass sie so gut auch zum Teestündchen passt, verdankt sie – soviel ist trotz strenger Rezept-Geheimhaltung bekannt – der Würzung mit Honig für die Süße, Ingwer für eine fruchtige Schärfe und etwas weihnachtlicher Exotik durch Kardamom.