Ulis Culinaria

Chartres

In der geschichtsträchtigen Kathedralenstadt am Eure (Département Eure-et-Loir, rund 90km südwestlich von Paris) scheint man

Estragon

besonders zu mögen, denn in der Küchensprache versteht man unter dem Zusatz

à la Chartres

Zubereitungen, bei denen das aromatische Kraut eine wichtige Rolle spielt.

Estragon

= à la Chartres

So beispielsweise beim

Agneau de sept heures à la Chartres:

Eine Lammkeule wird mit Gemüse in Fleischbrühe und Bier sieben Stunden lang sanft geschmort, bis das Fleisch vom Knochen fällt. Der dann geschmacklich hochkonzentrierte Bratenfond wird mit crème fraîche gebunden und mit reichlich frisch geschnittenem Estragon aromatisiert(*).

Die Pâté de Chartres, die meist aus Rebhuhn, aber auch aus Ente oder Fasan hergestellt wird, enthält ebenfalls Estragon als bestimmendes Würzkraut.

Rebhuhn

Und für Œufs à la Chartres werden →pochierte oder wachsweich gekochte Eier mit ganz kurz blanchierten Estragonblättern dekoriert.

(*)

Estragon hat ein zartes, aber intensives Aroma. Das verfliegt jedoch schnell, wenn das Kraut zu lange erhitzt wird. Deshalb sollte Estragon erst kurz vor dem Ende der Zubereitung frisch geschnitten und zugegeben werden!

Estragon ist unentbehrlicher Geschmacksgeber beim Saucenklassiker sauce béarnaise.

Sauce béarnaise

Linné gab dem Kraut den wissenschaftlichen Namen Artemisia dracunculus, da man es früher für hilfreich bei giftigen Bissen von Echsen, Schlangen und anderen Drachen hielt.

Die Herkunft des Wortes Estragon wird im Arabischen vermutet, ist ansonsten aber ungeklärt.

Ebenso rätselhaft wird wohl die Frage bleiben, warum der Dramatiker Samuel Beckett einem der beiden Protagonisten seines Zweiakters Warten auf Godot den Namen Estragon verpasst hat.