Die kleine Insel vor Napoli, bei der die rote Schlager-Sonne im Meer versinkt, ist kulinarisch mit einem italienischen Küchenklassiker verbunden, der
Insalata caprese.
Die Kombination aus Tomaten, Mozzarella, Basilikum und Olivenöl findet man auf den Speisekarten italienischer Restaurants in aller Welt. Immerhin repräsentieren Tomate, Mozzarella und Basilikum die Nationalfarben Italiens!
Die gleiche Farb-Symbolik haben diese drei Zutaten übrigens als Belag der Pizza Margherita aus →Napoli.
Zusätzlich zu der Symbolik der Nationalfarben verkörpert die Insalata caprese ein wesentliches Grundprinzip, das für alle Regionalküchen Italiens gilt:
Ganz wenige Zutaten, diese aber dafür von bester Qualität!
Und das fängt hier natürlich mit den Tomaten an. Dass der Salat ausgerechnet mit Capri assoziiert wird, ist kein Zufall! Denn überall in Italien wird neidlos anerkannt, dass gegenüber der Insel, auf den Hängen des Vesuvio, die →pomodori in außergewöhnlicher Vielfalt und Güte heranreifen. Die Bezeichnung als Goldäpfel drückt die Wertschätzung aus, die man in Italien wie in keinem anderen Land Europas den Früchten entgegengebracht hat, nachdem sie ab 1492 durch Christoforo Colombo aus der Neuen Welt kamen.
Das grüne Drittel der Salat-Tricolore, der Basilikum, kann für die meisten Italiener auch nur aus einer Ecke des Stiefelstaates kommen, nämlich aus den Gärten bei →Genova an der Ligurischen Küste. Der basilico genovese ist nicht umsonst Namensgeber des berühmten pesto genovese, das jede →pasta zum Genuss werden lässt.
Aus der Liguria kommt auch erstklassiges Olivenöl, ebenfalls unabdingbar für den Caprese-Salat.
Der oft geübte Einsatz von aceto balsamico (→Modena) entspricht nicht dem Original, schadet aber auch nicht unbedingt.
Gravierender ist allerdings der Mangel, dass meistens der eigentlich erforderliche mild würzige mozzarella di bufala (Büffel) durch die fast geschmacklose (und ungleich preiswertere) Nachahmung aus Kuhmilch ersetzt wird. Dies wird ermöglicht durch den fehlenden Namensschutz für die Käsesorte, die inzwischen praktisch weltweit produziert und als Mozzarella oder fior di latte verkauft wird. Lediglich der Mozzarella di bufala campana, der in ausgewählten Orten der Campania, des Lazio, des Molise und der Puglia produziert sein muss, ist durch eine →DOP geschützt.
Das Wort mozzarella ist eine Ableitung vom Verb mozzare, womit das Zerrupfen des glatten Käsebruchs in kleine Portionen bezeichnet wird, aus denen die weißen Käsekugeln geformt werden.
Capri wurde, so erzählt man sich, zur Namenspatin für den Salat, nachdem ein Anarchist die dreifarbige Kombination beim Koch eines hiesigen Hotels bestellte, um sich vor versammelten Freunden über die Flagge des neu geschaffenen Nationalstaates Italien lustig zu machen (→Garibaldi, →Artusi).
Dass er damit eher eine kulinarische Verehrung der tricolore schuf, dürfte ihm nicht geschmeckt haben!
Wesentlich jünger als der Capri-Salat dürfte ein Kuchen sein, der längst in ganz Italien zu einem beliebten Dessert geworden ist. Wie so viele Speisen soll auch die Erfindung der Torta caprese auf einem Missgeschick beruhen. Man erzählt dazu zwei unterschiedliche Legenden.
Die östereichische Ehefrau eines napoletanischen Königs wollte während ihrer Sommerfrische auf Capri gerne →Sachertorte genießen. Ein Insel-Bäcker, im Bemühen, das kulinarische Heimweh des Gastes zu stillen, wusste immerhin, dass da viel Schokolade im Spiel sein muss. Statt Weizenmehl griff er aber zu gemahlenen Mandeln, die er mit im Wasserbad geschmolzener Schokolade-Butter-Mischung, Zucker, Eigelb und Eischnee zu einer Masse verarbeitete. Die buk er gerade so lange, bis die (abschließend noch zuckerbestäubte) Oberfläche, der Rand und der Boden schön knusprig waren, das Innere aber noch so saftig-cremig, dass es beim Anschnitt fast herausfloss.
Die königliche Gemahlin muss trotz der deutlichen Unterschiede zur heimatlichen Sachertorte begeistert gewesen sein, denn das Gebäck verbreitete sich rasch über Italien aus. Und kein Mensch, der die Torta caprese genießt, denkt dabei an Wien …
Die zweite Legende befriedigt wohl eher das Bedürfnis von Italientouristen, vom geheimnisvollen Nimbus des Mafia-Unwesens etwas mitzukriegen, ohne freilich selbst in Gefahr zu geraten. Und da muss der wohl berüchtigste Pate aller Zeiten, Al Capone, herhalten, obwohl der bekanntlich weniger in Italien als in den USA tätig war. In seinem Auftrag hatten drei barsolino-behütete Herren auf Capri etwas zu erledigen. Und auch Killer naschen gern zwischendurch mal was Süßes. Der pasticciere, den sie aufsuchten, war vor Angst so durcheinander, dass er beim Anrühren des bestellten Schokoladenkuchens auch noch das Weißmehl vergaß. Für eine Korrektur war es zu spät, jetzt hatte wohl sein letztes Stündchen geschlagen. Als die drei Mafiosi aber schließlich hochzufrieden gingen, machte der Konditor drei Kreuze – und das missratene Rezept zum Standard.
Wenigstens für ihn – und wer wollte an der Geschichte zweifeln! – war die Geschäftsreise der Al-Capone-Mitarbeiter ein voller Erfolg.