Ulis Culinaria

Cambrai

Zu den lokalen kulinarischen Spezialitäten, die die Comic-Helden Asterix und Obelix von ihrer Tour de Gaule mitbrachten,

gehörten auch Bonbons aus Camaracum, dem heutigen Cambrai im nordost-französischen Département Nord (Region Hauts-de-France). Die

Bêtises de Cambrai

sind bei kleinen und großen Kindern beliebt.

Bêtises de Cambrai

Dieses süße Naschwerk wurde allerdings nicht schon zu Asterix‘ Zeiten 50 v.Ch. in Nordostfrankreich erfunden, sondern soll dem Missgeschick eines Konditorlehrlings im Jahr 1850 zu verdanken sein, der versehentlich zu viel frische Pfefferminze in den für berlingots (→Carpentras) gedachten Zuckersirup fallen ließ. Was dabei herauskam, war eben dummes Zeug (frz. bêtises). Aber durch Beimengung von süßem Karamell gelang es, die Zuckermasse zu retten. 

Bis heute streiten sich zwei örtliche confiseries, die Häuser Afchain und Despinoy, darum, bei wem denn nun die leckere Dummheit passiert sei.

Bei ersterer war es der Sohn, der im elterlichen Betrieb lernte und den seine Mutter schalt: Jetzt sind die Bonbons hin, du Nichtsnutz! Was machst du wieder für Dummheiten!

In der anderen Confiserie soll der arme Lehrling zu hören bekommen haben, er mache im Leben nichts als Dummheiten. 

Bêtises hier oder dort – das Ergebnis ist jedenfalls seit damals ein Verkaufsschlager geworden, der in anspruchsvoll gestalteten Blechdöschen angeboten wird.

Die kissenförmigen, bunt gestreiften Karamell-Bonbons erhalten neben dem originalen Pfefferminzgeschmack inzwischen auch andere Aromen wie Himbeere, grüner Apfel, Orange, Zitrone, Veilchen, Schokolade oder Tutti Frutti. Und sogar zuckerfreie Bêtises sind im Sortiment.

Die Metzgereien der Stadt stellen nach einem 1904 festgeschriebenen Rezept die

Andouillette de Cambrai

her. Würste der Gattung andouille und andouillette sind in vielen Gegenden Frankreichs beliebt und bestehen im Wesentlichen aus verschiedenen Bestandteilen des Verdauungsapparates von Schwein, Rind oder Kalb, die man im Französischen als chaudin, tripes oder intestins zusammenfasst, im Deutschen meistens unter dem Begriff Kutteln (→Troyes). Eine Andouillette aus Cambrai wird hauptsächlich aus der fraise de veau hergestellt. Das ist der faltig gekräuselte Teil des Bauchfells vom Kalb, das deutsche Metzger als Kalbsgekröse verarbeiten. Solche Würste galten früher als Speise armer Leute, denn das Gekröse zählte man zu den abats, den Schlachtabfällen.

Andouillettes de Cambrai

Von 2000 bis 2015 war die Verwendung der fraise de veau wegen der Ausbreitung der BSE, des sog. Rinderwahnsinns, verboten, und die Metzger mussten auf vergleichbare Teile des Schweins ausweichen. Heute darf die Andouillette wieder nach der Originalrezeptur von 1904 hergestellt werden.

Die nächste deutsche Verwandte der Andouillette ist am ehesten die Bratwurst, die in ebenso vielen regionalen Variationen hergestellt wird. Beide landen aber vor dem Genuss bevorzugt auf dem Grillrost oder ersatzweise in der Pfanne.

Erfreulicherweise spielt in der jüngeren Metzgerei-Generation die früher selbstverständliche Idee wieder eine zunehmende Rolle, möglichst alle Bestandteile eines Schlachttieres zu nutzen.