Die badische Gemeinde grenzt im Norden an Baden-Baden in der fruchtbaren Rheinebene und reicht bis in die Ausläufer des Schwarzwaldes. Ein wichtiger landwirtschaftlicher Faktor ist der Anbau von Weinen unter der Gebietsbezeichnung Baden.
Um 1840 fand man in einem Privatgarten im Ortsteil Kappelwindeck eine wohl als Laune der Natur entstandene Zwetschgensorte, die durch große, süß aromatische, dunkle und frühreife Früchte auffiel. Wegen dieser Eigenschaften wurde aus dem hier gefundenen Baum des Prunus domestica durch gezielte Veredlung und Selektion die
Bühler Frühzwetsche
entwickelt.
Zwetschgen (das auf manchen Etikettierungen fehlende g bei der Bühler Zwetsche ist kein Schreibfehler, sondern dem badischen Dialekt geschuldet) gelten botanisch als Unterart der Pflaumen und zeichnen sich in der Regel durch etwas kleinere und eher spitz zulaufende, dafür oft festfleischigere Früchte aus. Deutschland stellt mit rund 50% den Löwenanteil der europäischen Pflaumen- und Zwetschgenproduktion.
Der Namensteil früh weist darauf hin, dass die Bühler Sorte als Referenz für praktisch alle Pflaumen angesehen wird: wer vor ihr reift, zählt als Frühsorte, wer erst danach zur Ernte bereit ist, gehört zu den späten Sorten.
Über eine Million Zwetschgenbäume stehen allein in der Region um Bühl, und die meisten gehören zur Varietät Bühler Frühzwetsche. Schon bald nach ihrer Entdeckung wurde ihr in Bühl ein spezieller Fruchtmarkt eingerichtet, in den 1930er Jahren kam eine Markthalle hinzu. Dieser Siegeszug wurde durch das sehr milde Klima der Rheinebene entscheidend begünstigt. Der Export der Bühler Zwetschgen reichte weit über Baden hinaus. Auch bei den französischen Nachbarn auf der anderen Rheinseite waren sie äußerst beliebt.
Anbau und Vermarktung der Frühzwetschge sind bis heute ein wirtschaftliches Standbein von Bühl und im gesamten Süden Badens. In den letzten Jahren hat die Sorte allerdings mit starker Konkurrenz zu kämpfen: Sie wächst an relativ hochstämmigen Bäumen, wogegen im Obstbau niedriger Wuchs wegen der leichteren Ernte bevorzugt wird. Weder durch Beschnitt noch durch Aufpropfen auf schwächer wachsende Unterlagen lässt sie sich auf niedrigen Wuchs trimmen.
Dazu werden, mit Hinweis auf den vorherrschenden Verbrauchergeschmack, immer mehr süße Sorten angebaut. Der Bühler Zwetsche ihre neben der Süße deutlich ausgeprägte Säure herauszuzüchten, käme natürlich einer grundlegenden Veränderung des Gewächses gleich.
Seit 2018 steht die Bühler Frühzwetsche deshalb auf der Passagierliste der von →Slow Food geführten Arche des Geschmacks. Damit sollen jene Landwirte unterstützt werden, die im Sinne der Vielfalt am Anbau der Bühler Spezialität festhalten. Vor allem die Direktvermarktung über regionale Wochenmärkte und in Hofläden der Anbaubetriebe sowie die Gewinnung von Gastronomen sollen neue Absatzmöglichkeiten schaffen.
Ein Höhepunkt im kommunalen Kalender ist das Ernedankfest im September, das hier als Bühler Zwetschenfest begangen wird. Und bei dem alle Jahre wieder als Repräsentantin der blauen Früchte die Blaue Königin gekürt wird. Selbstverständlich werden den Besuchern hier so ziemlich alle denkbaren Verwendungsmöglichkeiten angeboten, vom Zwetschgenkuchen bis zum Latwerge, vom Kompott bis zur Fleischbeilage und von diversen Desserts bis zu Hochprozentigem.
Obstfachleute unterscheiden die Zwetschge als Unterart von der Pflaume. Also:
Prunus domestica = Pflaume
Prunus domestica subsp. domestica = Zwetschge
Als Faustregel kann gelten, dass die dickeren, rundlichen Pflaumen mehr Saft und weicheres Fruchtfleisch besitzen als die spitz zulaufenden, festfleischigen Zwetschgen. Deshalb wird in Süddeutschland auch eher →Zwetschgendatschi oder Quetschekuche gebacken als etwa Pflaumenkuchen. Der in der Hitze des Ofens bei Pflaumen auslaufende Saft würde den Teigboden unweigerlich aufweichen, auch wenn man zum Auffangen der Flüssigkeit Streusel auf den Kuchen streut.
Bei Pflaumenmus und anderen Zubereitungen wiederum ist gerade mehr Saftanteil gewünscht, da bleibt dann die Zwetschge liegen.