Ulis Culinaria

Bari

Olio Terra di Bari

Die Hauptstadt der Region Puglia am italienischen Stiefelabsatz reiht sich in die Liste der →DOP-geadelten Landwirtschaftsprodukte mit dem Olio Terra di Bari ein. Das gelbgrüne Olivenöl wird extra vergine gepresst, also in rein mechanischem Verfahren und ohne Erhitzung, und weist ein feines Kräuter-Nuss-Aroma auf.

Das DOP-Gebiet umfasst die città metropolitana di Bari, also die rund 40 Gemeinden in dem klar abgegrenzten Umland der Hafenstadt, das historisch Terra di Bari genannt wird (hierunter auch →Altamura, bekannt für besonderes Brot und gute Linsen).

Ausgrabungen haben die hiesige Nutzung der ölhaltigen Früchte von Olea europaea schon in der jüngeren Steinzeit vor rund 7.000 Jahren belegt. Spätestens seit der Antike spielte der Hafen von Bari eine wichtige Rolle für den überregionalen Handel mit dem begehrten Öl. Von hier aus erreichte es im Mittelalter selbst die britischen Inseln, ganz Mitteleuropa und östliche Länder wie das russische Zarenreich.

Die →DOP Terra di Bari darf um drei geografische Zusätze ergänzt werden: Castel del Monte (benannt nach der berühmten Achteck-Festung des Stauferkaisers Friedrich II. aus dem 13.Jh., ca. 40km westlich von Bari), Bitonto oder Murgia dei Trulli. In jedem dieser Öle muss zu festgelegten Mindestanteilen eine von drei Olivensorten enthalten sein, die jeweils nach einem Ort in der Region benannt sind: Die Coratina, die Cima di Mola und die Cima di Bitonto. Bitonto, direkt im Westen an Bari angrenzend, wird im Dialekt auch città degli ulivi (Olivenstadt) genannt. Nicht zuletzt, weil hier der Agronom Pietro Ravanas in den 1820er Jahren neue Mahl- und Pressverfahren einführte, mit denen die Qualität des Öls entscheidend gesteigert werden konnte.

Castel del Monte

Dieses Öl wird auch gebraucht für ein Gericht, das in einigen anderen Regionen Italiens in Abwandlungen bekannt ist und das der spanischen paella (→Valencia) ähnelt. Tatsächlich soll diese Zubereitungsart schon im 13.Jh., als Apulien zeitweilig unter spanischer Herrschaft stand, eingeführt worden sein. Das italienische Pendant zur spanischen paellara ist die tegame, was soviel bedeutet wie Tiegel oder Pfanne. Gerichte, die in einer solchen großen, flachen und ursprünglich irdenen Pfanne zubereitet werden, nennt man teglia oder tiella, im apulischen Dialekt tieède (→Gaeta).

Tiella alla barese

Für die Tiella alla barese di patate, riso e cozze werden Kartoffeln, Reis und Mies-muscheln (ital. cozze) mit Zwiebelringen und Tomaten in Olivenöl angeschwitzt und mit weiteren Zutaten im Ofen gegart (patate und pomodori kamen erst nach Kolumbus aus der Neuen Welt nach Europa, gehörten also im 13.Jh. noch nicht dazu). Die Kunst besteht darin, die verschiedenen Beigaben so nacheinander in die Tegame zu schichten sowie behutsam mit Meeresfrüchtesud und Weißwein anzugießen, dass am Ende alles den idealen Garpunkt erreicht hat. Die letzte Schicht, die Tomatenscheiben, wird mit Semmelbröseln und geriebenem Hartkäse wie →pecorino oder →parmigiano bestreut, was eine appetitlich goldgelbe Kruste ergibt. Alle Bestandteile sollen a crudo (roh) sein, also noch etwas weniger gegart und etwas bissfester als der von pasta bekannte Gargrad al dente. So bewahren die Zutaten ihre Nährstoffe und ihren jeweiligen Eigengeschmack.

Focaccia barese

Wie in anderen Regionen Italiens wird auch in Apulien aus Hefeteig →focaccia gebacken, ein Fladenbrot mit unterschiedlichen Belägen. Die Besonderheit der Focaccia barese ist, dass dem Teig gekochte, durchgedrückte Kartoffeln beigegeben werden und dass sowohl beim Kneten als auch zum Bestreichen vor dem Backen reichlich Olivenöl verwendet wird.

Natürlich nur das o.g. Terra di Bari …!

Bei aller Vielfalt hinsichtlich des Belages gelten drei Varianten als lokaltypisch: Die focaccia bianca wird nur mit Rosmarin und grobem Meersalz bestreut. Bei der focaccia alle patate kommen Kartoffeln nicht nur in den Teig, sondern in dünnen, nach dem Backen knusprig goldbraunen Scheiben auch obendrauf. Und als Inbegriff der focaccia schlechthin gilt die Verwendung von Tomatenscheiben in Kombination mit den aromatischen heimischen Oliven. Die Focaccia als variantenreiche, in vielen Ecken des Landes zu findende Gebäckgattung wurde in Italien als →PAT anerkannt.

Panzerotti baresi

Aus einem Teig, wie er ansonsten zur Pizza wird, backt man hier auch gerne Panzerotti baresi.

Diese halbmondförmigen Teigtaschen mit unterschiedlichen Füllungen findet man in ganz Süditalien, aber in der Puglia genießen sie PAT-Status. Die panzerotti (auch panzarotti) gelten als beliebtes Überbleibsel der cucina povera, der Armenküche des ländlichen Südens.

mit Kapern oder Sardellen

Nicht nur der Teig, sondern die in Bari bevorzugte Füllung mit Mozzarella und Tomatensauce erinnern tatsächlich an die napolitanische Pizza-Tradition. In der Campania wird der panzerotto gerne als verkleinerte Version der →pizza calzone bezeichnet. Und mancherorts findet man halbmondförmige ravioli, also →pasta ripiena, unter dem gleichen Namen. Solche Gleichsetzungen weist man aber in der Puglia entschieden zurück und verweist auf wichtige Unterschiede:

Die Panzerotti sind mit höchstens guter Handteller-Größe deutlich kleiner als eine Pizza, aber doch größer als Ravioli. Deshalb sind sie sehr gut aus der Hand zu genießen und gehören zum festen Angebot der →cibo di strada, der vor allem im Süden seit jeher beliebten Straßenküche. Man findet sie nicht in der pizzeria, sondern beim panettiere, dem Brotbäcker, oder, mit süßen Füllungen, in der pasticceria, der Konditorei.

Im Unterschied zur Pizza sehen die Panzerotti keinen Holzofen von innen, sondern werden in heißem Öl – natürlich auch wieder am Besten in Olio Terra di Bari! – knusprig ausgebacken. Und da zeigt sich ein weiterer Unterschied zur Calzone: Während bei dieser der ausgerollte Teig komplett belegt wird, kommt bei den Panzerotti die Füllung nur auf eine Hälfte des Rundlings. Die andere Hälfte wird locker darübergeklappt, und nur der Rand wird fest zusammengedrückt. Denn die nun eingeschlossene Luft bläht die Teigtasche im heißen Öl ballonartig auf, was den Knusper-Genuss erhöht.