Ulis Culinaria

Arnad

Im italienischen Aostatal wird noch weitgehend französisch als offizielle zweite Amtssprache gesprochen. Deshalb heißt eine Speck-Spezialität von dort

Valle/Vallée d’Aosta Lard d’Arnad (DOP).

Valle/Vallée d'Aosta Lard d'Arnad

Die bis zu 4kg schweren und 3cm dicken, rechteckig geschnittenen und von der Haut befreiten Speckschwarten (frz. lard, it. lardo) von Schulter und Rücken des Schweins reifen mindestens 3 Monate in Kästen aus Kastanienholz. Der Speck wird in wechselnden Schichten mit Salz eingelegt. Die dazugegebenen Gewürzmischungen aus Rosmarin, Lorbeer, Salbei, Nelken, Zimt, Ingwer, Knoblauch und anderem hält natürlich jeder Hersteller streng geheim. Die doils, wie die Kästen im regionalen Dialekt genannt werden, werden mit massiven Holzriegeln dicht verschlossen und  halten so die bis zum Rand aufgefüllte Salzlake zurück. Und das Kastanienholz, reich an Tanninen, verleiht dem lard neben Aroma auch Haltbarkeit.

Speck, köstlicher Wintervorrat

Hinsichtlich Auswahl und Haltung der Schweine, deren Rückenspeck verarbeitet wird, gelten die gleichen →DOP-Kriterien wie bei den berühmten Schinken aus →Parma und →San Daniele. Ihr Futter basiert auf verschiedenen Getreidearten und wird ergänzt durch Molke, die in den zahlreichen Käsereien des Aostatals anfällt. Eine vergleichbare Speck-Spezialität stellt man in →Colonnata her, dort reift sie allerdings nicht in hölzernen, sondern in marmornen Kästen.

Schweinespeck hat in der gesamten alpinen Welt als nahrhafter Wintervorrat lange Tradition, luftgetrocknet, geräuchert oder, wie hier, in Lake konserviert. Die Verwendung der Doils aus Kastanienholz ist seit Jahrhunderten als lokale Spezialität von Arnad dokumentiert, manche sehen die Anfänge schon in der Antike.

Traditionell serviert man den gereiften Speck, der elfenbeinweiß mit einer dünnen rosigen Schicht aus durchwachsenem Fleisch aus den Kästen kommt, denn auch gerne zu gerösteten oder gekochten castagne. Oder man genießt hauchdünn geschnittene Scheibchen des Specks mit gebratener Polenta. Auf gerösteten, mit einer Knoblauchzehe abgeriebenen und honigbeträufelten Bauernbrotscheiben nennt man ihn im franco-provençalischen Dialekt des Aostatals bocon de diable, was sich mit Teufelsstück übersetzen lässt.

Bocon de diable - Teufelsstück

Ebenfalls im Dialekt benennt sich die →Associazione Lo Doil, die sich um die Einhaltung der alten Herstellungsverfahren kümmert. Sie veranstaltet seit über 40 Jahren Ende August eine überregional beliebte fiesta, bei der man natürlich den besonderen Speck in allen möglichen kulinarischen Varianten kosten kann und dazu ein Gläschen des Weins, der hier angebaut wird. Schon bei der Anfahrt nach Arnad wird der Besucher von einem neben der Straße aufgestellten überdimensionalen Doil begrüßt (Bild oben!).