Den Namen des kleinen Ortes im Landesinneren der mittelitalienischen Region Lazio haben schon die Begründer der ersten italienischen ristorante-pizzerie in Deutschland eingeführt, wohl ohne dass es den meisten Gästen bewusst geworden wäre. Das gastronomische Standardgericht
Spaghetti all’amitriciana
hat historischen Quellen zufolge tatsächlich seinen Ursprung in Amatrice bzw. in der Provinz Rieti.
Im Original hat das sugo nur drei Grundzutaten: Guanciale, pomodoro und →pecorino. Ersteres ist gesalzener, luftgetrockneter, aber ungeräucherter Speck von Schweinebäckchen (it. guancia), bekanntlich dem zartesten Fleisch des Borstenviehs. In der Gastronomie wird der in feine Streifen oder Würfelchen geschnittene Guanciale häufig durch pancetta, normalen Schweinespeck vom Bauch ersetzt.
Der zweite Bestandteil, die Tomaten, kam natürlich erst nach der Einwanderung aus der Neuen Welt als saftiger und aromatischer Ersatz für andere Gemüse hinzu. Aber in Mittelitalien kamen die pomodori, die goldenen Früchte, so schnell zu kulinarischen Ehren wie in keiner anderen Region Europas.
Und als drittes der praktisch in ganz Italien hergestellte Hartkäse aus Schafsmilch (ital. pecora = Schaf), die Alternative zum Kuhmilch-Kollegen →parmigiano. Von Herd zu Herd unterschiedlich ergänzt wird die Sauce mit Zwiebeln, Knoblauch und peperoncini. Als alternative →Pasta-Sorte sind im übrigen Lazio und in Rom bucatini beliebt, dünne Röhrennudeln, also die zierlicheren Schwestern der maccheroni. In Amatrice selbst schwört man allerdings auf Spaghetti. Sowohl das Nudelgericht im Ganzen als auch der Guanciale amatriciano als einzelnes salume-Produkt (→Fabriano) sind als →PAT anerkannt.
Jährlich Ende August lädt man Besucher der Sagra degli Spaghetti all’amatriciana zum Genuss des originalen Gerichtes ein.
Traurige und zugleich hoffnungmachende Bedeutung bekam das Spaghetti-Gericht 2016, als ein schweres Erdbeben in Amatrice wenige Tage vor dem Weihnachtsfest zahlreiche Tote und Verletzte forderte und große Zerstörungen verursachte. Italienische Restaurants in aller Welt nahmen die Spezialität, wenn sie nicht eh schon drauf war, in ihre Karte auf und spendeten für jede servierte Portion einen Teil des Erlöses zur Unterstützung der Opfer.
Als →IGP hat die EU den Namen eines Schweine-Rohschinkens eingestuft, der sich von den meisten anderen italienischen Schinken etwas unterscheidet. Beim Prosciutto Amatriciano werden vor dem mindestens 12 Monate dauernden Entstehungsprozess durch einen speziellen Zuschnitt relativ viele Fleischteile der Schweinekeulen freigelegt, was einen hohen Feuchtigkeitsverlust bei gleichzeitiger Intensivierung des Geschmacks zur Folge hat. Das großflächige Entfernen der Schwarte ermöglicht während der salatura am Beginn der Schinkenwerdung eine ziemlich gleichmäßige Verteilung des Salzes im Inneren der Keule. Dieses Schnittverfahren wurde von den Schinkenmachern aus Amatrice entwickelt, die dabei entstehende Birnenform ist deshalb typisch für ihren prosciutto. Die Reifung wird vom rauhen, aber überwiegend trockenen Klima in Höhen bis zu 1.200m begünstigt.